Keimdichte im Aquarium
Zu viele Bakterien im Aquarienwasser können Probleme verursachen

In der Wirbellosenaquaristik und auch im Aquascaping sind Bienengarnelen und andere Garnelen aus den Bächen von Hong Kong als Algenfresser und Farbkleckse beliebt. Sie stammen aus Biotopen mit extrem sauberem Wasser - im Fließgewässer haben sie jede Sekunde 100% Wasserwechsel. Auch Fische aus Flüssen mit Schwarzwasser leben in der Natur schon grundsätzlich in einer sehr niedrigen Keimdichte. Schadstoffanreicherungen und hohe Keimdichten sind sie nicht gewöhnt und daran ist ihr Immunsystem demzufolge auch nicht angepasst. Im Aquarium dagegen haben wir teilweise eine enorm hohe Keimzahl, in praktisch jedem Fall ist sie höher als in den natürlichen Biotopen dieser Aquarientiere.

„Bienengarnele

Insbesondere im Garnelenaquarium kann eine hohe Keimzahl problematisch werden, sie kann das rudimentäre Immunsystem der Garnelen schwächen und sie anfällig für bakterielle Infektionen durch Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten machen. Zur Problematik der aufsitzenden Parasiten bei Zwerggarnelen haben wir einen Artikel in der Aquascaping Wiki: "Parasiten und Kommensalen bei Garnelen im Aquarium". Gerade Saugwürmer oder parasitische Algen sind Schwächeparasiten, die sich ein in die Knie gehendes Immunsystem zunutze machen und dann überhand nehmen. Treten solche Probleme auf, sollte man also auch immer an eine mögliche Bakterienbelastung im Aquarium denken und die notwendigen Maßnahmen ergreifen, die wir weiter unten erklären.

Ursache einer hohen Keimdichte im Aquarium

Eine hohe Anzahl vom Bakterien im Aquarium liegt immer am Vorhandensein vieler Nährstoffe. Ohne Nahrung keine Vermehrung! Dabei können sich Bakterien enorm schnell vermehren - bei manchen Arten kann sich unter optimalen Bedingungen die Population innerhalb von 20 Minuten verdoppeln. Das Bakterienwachstum wird in vier Phasen aufgeteilt:

  • Anlaufphase: hier findet eine Anpassung der Bakterien an die Gegebenheiten statt, die Keimzahl ist niedrig.
  • Exponentielle Phase: Die Zellteilung kommt in Gang, die Bakterienzahl steigt stark an.
  • Stationäre Phase: Die Bakterienpopulationen erreichen die Kapaziätsgrenzen, ihr weiteres Wachstum wird durch knapper werdende Nährstoffe oder das geringere Platzangebot begrenzt.
  • Absterbephase: Die Bakterien verhungern oder sterben an Ausscheidungsprodukten, die Bakterienpopulation nimmt dadurch wieder ab.

Die Keimzahl reduzieren

Es gibt in der Aquaristik viele verschiedene Mittel und Methoden, wie die Keimzahl im Aquarienwasser gesenkt werden kann. Auf die gängigsten gehen wir in der Folge ein.

UV-C-Klärer

Durch einen UV-C-Klärer wird verkürzt gesagt Wasser durchgepumpt, das mit Hilfe einer UV-Lampe bestrahlt wird. Das UV-C-Licht im UV-Brenner bringt Bakterien und Algensporen im Wasser zum Absterben.

JBL - ProCristal UV-C-Klärer

Wie ein UV-C-Klärer funktioniert und was man beim Einsatz beachten sollte, erklären wir ausführlich in unserem Wiki-Artikel "UV-C-Klärer im Aquarium".

Aktiver Sauerstoff

Aktiver Sauerstoff besteht aus Sauerstoffradikalen, die sehr reaktionsfreudig sind und daher auch Bakterien (und Algensporen) angreifen und zerstören. Es gibt verschiedene Methoden, Aktivsauerstoff ins Aquarium einzubringen. Die beiden gängigsten sind zum einen mit Hilfe eines Söchting Oxydators, der mit Hilfe eines Katalysators aus Wasserstoffperoxid Sauerstoff und Sauerstoffradikale herstellt, zum anderen kann dies durch den Einsatz von Elektrolyse geschehen. Besonders in der Abwasserwirtschaft werden elektrolytische Verfahren zur Aktivsauerstoffgewinnung gerne eingesetzt, mit dem Twinstar ist dies mittlerweile auch im Aquarium auf recht einfache Art und Weise möglich.

Twinstar Sterilisator

Wie man diese hochmodernen Sterilisatoren einsetzt und worauf man achten sollte, erklären wir in unserem Wiki-Artikel "Twinstar", häufig in diesem Zusammenhang gestellte Fragen klären wir im Artikel "Twinstar FAQ".

Wasserwechsel

Ein Wasserwechsel ist eine sehr probate und schnell wirkende Art, die Keimdichte und die Nährstoffdichte des Wassers zügig zu verringern. Wir empfehlen grundsätzlich einen Wasserwechsel von 50% pro Woche, damit sich Nährstoffe erst gar nicht ansammeln können. Bei bereits vorhandenen Problemen ist jedoch ein Wasserwechsel von bis zu 80% überhaupt nicht problematisch.

Wasserwechsel

Bei Garnelenaquarien sollte man jedoch darauf achten, dass das Frischwasser dieselben Parameter hinsichtlich Gesamthärte, Karbonathärte und Temperatur aufweist wie das Aquarienwasser, damit die Tiere keinen osmotischen Schock erleiden.

Huminstoffe

Huminstoffe werden in der Aquaristik schon seit sehr vielen Jahren aktiv gegen Infektionen und eine zu hohe Keimdichte genutzt und in Form von Erlenzapfen oder Seemandelbaumblättern eingebracht. Mittlerweile gibt es aber auch Präparate, mit deren Hilfe man die Huminstoffe deutlich einfacher, genauer und komfortabler dosieren kann, zum Beispiel das "Liquid Humin Plus" von GlasGarten. In der Natur findet man in nahezu jedem Gewässer Huminstoffe, und besonders huminstoffhaltige Gewässer fallen durch ihre ausgesprochen geringe Keimdichte auf. Huminstoffe greifen in den Stoffwechsel schädlicher Bakterien ein und hindern sie an der Vermehrung. Auf diese und weitere Wirkungen dieser ausgesprochen hilfreichen Substanzen gehen wir im Wiki-Artikel "Huminstoffe im Aquarium" näher ein.

Schwarzwasser

Huminstoffe können je nach Konzentration das Wasser bräunlich einfärben, jedoch gibt es Hinweise darauf, dass bereits eine geringe Menge, die man mit bloßem Auge noch nicht wahrnehmen kann, schon hilfreiche Auswirkungen auf die Keimdichte und die Aquarienbewohner hat. Zur Abhilfe bei einer akut hohen Keimdichte sollte man die Huminstoffe jedoch zunächst einmal etwas höher dosieren und sich an der oberen Grenze der Dosierungsanleitung orientieren. Zum dauerhaften Einsatz und zur Prävention kann man die Dosis dann stark reduzieren.

 

Prävention - so steigt die Keimdichte erst gar nicht an

Futtermenge und Futterqualität

Nicht nur die Futtermenge entscheidet über die Anwesenheit von Nährstoffen im Aquarium, sondern auch die Qualität der Futters. Ist es nicht gut verdaulich, scheiden Fische und Wirbellose mit dem Kot ungenutzte Nährstoffe aus, die dann wiederum die Keimzahl hochtreiben. Grundsätzlich sollte man also darauf achten, dass möglichst wenige Füllstoffe im Futter vorhanden sind, und hochwertig füttern. Als grobe Richtlinie bei der Futtermenge gilt: Fische sollten Flocken, Granulat und ähnliches innerhalb von 2-3 Minuten vollständig gefressen haben, Grünfutter, Kürbischips und so weiter, die von vielen Aquarianern gerne an Garnelen und Aquarienschnecken verfüttert werden, sollten nicht länger als einige wenige Stunden im Aquarium verbleiben. Ungefressenes Futter kommt den Bakterien zugute und treibt die Keimzahl nach oben. Ganz besonders kritisch ist hier Frischfutter - berühmt-berüchtigt ist insbesondere Gurke, die teilweise recht viel Zuckerstoffe enthält und so je nach Aquarienvolumen und (Über-)Dosierung sogar für ausgewachsene Bakterienblüten sorgen kann.

Bakterienblüte

Keinesfalls darf Frischfutter daher über Nacht im Aquarium (vor allem im Nanoaquarium) belassen werden - auch wenn das leichtsinnigerweise oft gemacht wird. Eine dann auftretende Bakterienblüte kann einen gravierenden Sauerstoffmangel nach sich ziehen und dem Aquarienbesatz nachhaltig schaden - bis hin zum Ersticken.

Wasserwechsel

Nicht nur zur sofortigen Abhilfe bei einer hohen Keimzahl im Aquarium, sondern auch zur Prävention ist der Wasserwechsel ein geeignetes Mittel. Er ersetzt den Wasseraustausch in natürlichen Biotopen, und trägt zu viele Nährstoffe und Keime einfach aus. Meist wird ein wöchentlicher Wasserwechsel von 10-50% mit von den Werten her angepasstem Wasser empfohlen, wobei wir für gut gedüngte Pflanzenaquarien und Aquascapes gerne 50% empfehlen, damit sich Nährstoffspitzen erst gar nicht bilden können.

Eimern

Bodengrundpflege

Insbesondere bei Garnelen und anderen Krebstieren können beim Fressen viele Futterreste anfallen, die zwischen die Lücken des Bodensubstrates sickern und dann dort für die Bakterien buchstäblich ein gefundenes Fressen darstellen. Hier hilft neben einer Futterschale im Aquarium (deren Handhabung wir übrigens in diesem Wiki-Artikel erklären) auch das regelmäßige Absaugen des Bodengrundes mit einer Mulmglocke oder einem Mulmsauger.

Mulm im Bodengrund

Des weiteren haben sich Turmdeckelschnecken als Putztruppe im Bodengrund gegen Futterpartikel gut bewährt. Achtung: Bei einer dichten Vordergrundbepflanzung können sich bei der Bodengrundpflege Pflanzen lösen. Hier empfehlen wir definitiv den Einsatz von Futterschüsseln, wenn Garnelen in einem solchen Layout gehalten werden sollen.

Filter

Die Filterbakterien stellen potente Widersacher für schädliche Keime im Aquarium dar, und eine gut funktionierende biologische Filterung kann daher ebenfalls dafür sorgen, dass die Keimdichte im Aquarienwasser niedrig ist.

ADA Filtration

Copyright by Aqua Design Amano - ADA.

Da die Filterbakterien auf Sauerstoff angewiesen sind, schlägt man mit einem Oxydator von Söchting zwei Fliegen mit einer Klappe - man reduziert zum einen die Keimzahl im Freiwasser und erhöht zum anderen das Sauerstoffangebot im Aquarium. Wie genau der biologische Stickstoffkreislauf und damit der Schadstoffabbau im Aquarienwasser funktioniert, erklären wir im Wiki-Artikel "Stickstoffkreislauf im Aquarium".

Pflanzen

Auch die Pflanzen spielen bei der Nährstoffverwertung im Aquarium eine wichtige Rolle. Sie nehmen Nährstoffe aus dem Wasser auf und produzieren Sauerstoff, der dann wiederum den Aquarienbewohnern und den Filterbakterien zugute kommt. Hier gilt es, Nährstofflücken zu vermeiden (wie im Artikel "Liebigsches Minimumgesetz" erklärt) und für reibungslose Stoffwechselabläufe bei den Pflanzen zu sorgen.

Aquarium

Wie man das macht, liest du in unserer Wiki, im Artikel Beginnen wir mit Q - die Pflege von Wasserpflanzen".

Sonderfall bakterielle Kahmhaut

Auch eine bakterielle Kahmhaut im Aquarium beruht auf einer zu hohen Keimzahl, die sich direkt an der Wasseroberfläche bemerkbar macht. Sie erkennt man im Anfangsstadium an ölig wirkenden Schlieren oder - wenn sie schon recht dick ist - an einer matten, membranartigen Haut an der Wasseroberfläche. Fährt man mit dem Finger oder einem Kescher durch, reißt sie auf und man kann die Stücke erkennen.

Bakterielle Kahmhaut

Eine bakteriell verursachte Kahmhaut kann man ebenfalls durch Eindämmen der Keimzahl im Aquarium auf Dauer wegbekommen. Als Sofortmaßnahme bietet sich der Einsatz eines Stückes Zewa an, das einfach auf die Wasseroberfläche aufgelegt und wieder abgezogen wird, oder von verschiedenen Oberflächenabzügen und Skimmern. Ihren Einsatz erklären wir in unserem Wiki-Artikel "Kahmhaut beseitigen". Auf Dauer wird aber auch hier nur eine deutliche Reduzierung der Nährstoffdichte im Aquarium und eine Optimierung der Nährstoffaufnahme durch die Pflanzen Abhilfe schaffen.