Was genau Aquascaping ist und was nicht, darüber kann man vermutlich ganze Bände füllen. Ist Aquascaping eine Kunst- oder Design-Form? Mein Lehrer in der Fachoberschule Gestaltung hatte das recht einfach erklärt: Kunst kann etwas ausdrücken, hat aber im Gegensatz zu Design keine praktische Funktion. Nun lässt sich auch darüber streiten, ob ein Aquascape eine Funktion im praktischen Sinne hat. Warum stellen wir uns ein Aquarium in die eigenen vier Wände? Die Antwort darauf ist auch vielschichtig, doch im Gegensatz zu Biotop-Aquarien steht in jedem Falle die makellose Gestaltung der Landschaft im Vordergrund. So soll ein Aquascape meine Wohnung schöner machen. Hier kommen Aquarium und Interior Design, oder zu Deutsch Innenarchitektur beziehungsweise Raumausstattung zusammen.
Grundlagen der Gestaltung und die Verwendung von ausgewählten Materialien
Ob Iwagumi, Jungle Layout oder "Nature Aquarium", alle Aquascapes werden nach Gestaltungsgrundlagen wie dem Goldenen Schnitt eingerichtet, die alle ursprünglich aus der Natur abgeleitet auch in der Architektur oder eben in der Innenarchitektur (Interior Design) angewendet werden. Die Firma ADA mit seinem 2015 verstorbenen Gründer Takashi Amano hat als ein Vorreiter hier wortwörtlich als erster "Outside the box" gedacht und sich auch auf die Gestaltung des Aquariums und dem drumherum wie Unterschrank, Filter und Inflow und Outflow Gedanken gemacht. Fast das gesamte Zubehör ist sehr minimalistisch gestaltet und aus Edelstahl und Glas gefertigt. Materialien, die oft auch zuerst genannt werden, wenn man an den Einrichtungsstil "Art Deco" denkt, der einen wichtigen Platz in den Stilrichtungen des Interior Design einnimmt. Art Deco entwickelte sich während der industriellen Revolution weiter. So finden sich auch im "Industrial Style" viel Glas und Edelstahl wieder.
Glass Stand mit Edelstahl-Filter von ADA, Lampe mit Aluminium-Gehäuse von ONF.
Anders als bei vielen anderen Herstellen von Aquaristik Produkten seinerzeit hat ADA kompromisslos einen hohen Anspruch an das Design seiner Produkte gestellt und ist so zu einer Ikone geworden, deren Produktdesign von vielen anderen Firmen im Marktsegment Aquascaping mittlerweile kopiert oder zumindest als Vorlage genutzt wird.
Die Wirkung im Raum
Neben dem guten Blick auf das Aquarium ist mir auch immer wichtiger geworden, wie die Aquarien im Raum wirken und welchen Effekt sie haben. Sie bringen in den dunkleren Ecken gerade in der Winterzeit Licht in die Wohnung. Zudem sind sie da auch ein farbiger, frischer Kontrast zur sonst eher grauen und tristen Jahreszeit. Im Sommer wirken sie ebenfalls erfrischend! Gerade ein mit Fischen besetztes Aquarium kann aber auch Lebendigkeit und Dynamik ausstrahlen. Wichtig ist, einem Aquarium genug Platz zur Wirkung zu geben. Zu viele Details lenken vom Aquarium selbst schnell ab. Das Aquarium sollte im Mittelpunkt stehen und für sich sprechen. Ein gutes Beispiel der Veränderung in meiner Wohnung möchte ich euch anhand der Unterschiede in den folgenden Bildern zeigen:
Vorher - eine Menge Bücher und andere Dinge, die vom Aquarium ablenken. Nachher - die ganze Ecke ist deutlich aufgeräumter und wirkt dadurch ruhiger.
Auch wenn ich das vorher ebenso mochte und auf dem Bild einiges zu entdecken ist, so wirkte alles irgendwie unruhig und unaufgeräumt. Die Bücher haben einen neuen Platz bekommen und das Aquarium spricht für sich.
Vorher - die weiße Wand wirkt kühl und frisch. Nachher - Die Dunkelgraue Wand bringt mehr Wärme und Ruhe in den Raum, ohne die Klarheit zu verlieren.
In einer klar strukturierten und minimalistisch eingerichteten Wohnung kann ein detailliert eingerichtetes Aquarium mit feinen Strukturen einen schönen Kontrast bieten. Du kommst vor dem Aquarium zur Ruhe und nimmst dir ganz viel Zeit die Details zu entdecken.
Am Esstisch kann der Blick in den gemütlichen Stühlen auf die weite und doch detaillierte Landschaft des Aquascape abschweifen.
In einer beispielsweise eher kleinen Wohnung, in der nicht viel Platz und leerer Raum ist, kann ein klares und aufgeräumtes Aquascape, wie beispielsweise ein Iwagumi dagegen Weite und Ruhe ausstrahlen.
Wenn du es gerne sehr kuschelig und detailliert oder sehr klar und aufgeräumt magst, geht natürlich auch die jeweilige Kombination. Am Ende entscheidet nur, was dir gefällt.
Persönliche Entwicklung
Bei mir persönlich fing alles zunächst einmal mit dem Wunsch an selbst ein cooles Aquarium einzurichten. Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht wie sich Aquascaping genau definiert. In einer deutlich kleineren Wohnung als heute hatte ich lediglich die Möglichkeit mir einen Platz für ein Aquarium freizuräumen. In der neuen und größeren Wohnung nahm ich zunächst alle Aquarien und die entsprechend umfunktionierten Möbel die ich als Unterschrank nutzte mit und begann nun nach und nach die Aquarien mit mehr Sorgfalt in der Wohnung zu platzieren. Überall wo ein Möbel hin musste, stellte ich auch irgendwann Aquarien auf, bis ich bemerkte das ein Aquarium im Flur zwar einen Wow-Effekt bei Besuchern auslöst, aber für mich als Bewohner eigentlich nur Arbeit macht, an der ich zwei bis dreimal am Tag vorbeilaufe. In einer Firmenzentrale in einem repräsentativen Eingang mit Wartebereich wäre das Aquascape sicher besser aufgehoben als in eurem Flur, in dem man nur mal schnell aus den Schuhen springt und die Jacke an die Garderobe hängt. Seit etwa einem Jahr stehen alle meine Aquascapes im Wohnbereich. Zwei große Aquarien am Esstisch und zwei kleinere im Bereich der Couch. Egal wo ich mich gerade aufhalte, ich habe einen großartigen Blick auf meine Aquarien.