Dry Start, auch Trockenstart-Methode genannt, ist eine spezielle Möglichkeit, ein Pflanzenaquarium oder Aquascape zu starten. Hierbei wird ein Aquarium wie üblich eingerichtet. Dies bedeutet: Nach dem Einbringen des Bodengrundes (meist nährstoffreicher Soilboden) kommt die Aquariendekoration hinzu, und anschließend wird das Becken bepflanzt.
Normalerweise würde man das Aquarium nun fluten und die Technik installieren. Bei einem Dry Start verfährt man ab diesem Zeitpunkt der Einrichtung allerdings anders und schafft in dem Aquarium lediglich ein mäßig feuchtes, aber nicht nasses Milieu, in dem die Wasserpflanzen zunächst für geraume Zeit in der Überwasserform (emers) weiterwachsen sollen. Erst nachdem sich die Pflanzen gut entwickelt und auf dem Substrat ausgebreitet haben, wird das Aquarium mit Wasser befüllt. Die Vorteile dieser "Trockenstart"-Methode werden weiter unten dargelegt.
Nach der Fertigstellung der Bepflanzung wird nun sämtliche Aquarieneinrichtung mit einer Sprühflasche ausreichend befeuchtet. Der Glaskasten wird mit einer Abdeckung nahezu vollständig verschlossen, damit der Feuchtigkeitsgrad innerhalb des Aquariums erhalten bleibt. Als einfachste Lösung bietet sich hier eine Abdeckung aus Frischhaltefolie an.
An Aquarientechnik wird lediglich die Beleuchtung in Betrieb genommen. Es können direkt von Beginn an längere Lichtphasen ab 10 Stunden täglich realisiert werden. Selbst eine komplette techniklose Variante ist möglich, wenn das Aquarium an seinem Standort genügend Licht durch Sonneneinstrahlung bekommt.
Was passiert mit den Pflanzen?
Die meisten Aquarienpflanzen, die man im Handel als Topf- oder In-vitro-Ware kauft, sind noch in ihrer emersen Form (Überwasserform). Bei einem Dry Start können die Pflanzen in dieser Form im Aquarium weiterwachsen und brauchen sich zunächst nicht auf ihre submerse Form (Unterwasserform) umstellen. Allerdings sind reine Unterwasserpflanzen wie zum Beispiel Vallisneria-, Blyxa- oder Najas-Arten nicht für diese Methode geeignet, weil sie gar keine Landform ausbilden können. Inhaltlich und technisch gesehen ist ein "Trockenstart" daher auch mit dem Thema Wabi-Kusa verwandt, bei dem Wasserpflanzen im emersen Zustand in offenen Glasschalen gehältert werden.
Moose und Bodendecker wie Hemianthus callitrichoides "Cuba" können sich bei einem Dry Start emers weiterentwickeln.
Pflege
Ein Dry Start-Aquarium benötigt während der emersen Wachstumsphase nur sehr wenig Pflegeaufwand. An Technik wird nur die Beleuchtung benötigt, welche in der Regel per Zeitschaltuhr automatisch ein- und ausgeschaltet wird. Andere technische Komponenten sind zu diesem Zeitpunkt nicht notwendig. Eine Düngung der Wasserpflanzen in dieser Phase ist ebenfalls nicht nötig. Hat man nährstoffreichen Bodengrund verwendet (Soil), können sich die Pflanzen hervorragend über die Wurzeln aus den Nährstoffen im Bodensubstrat ernähren. Selbst eine CO2-Anlage wird während des Dry Start nicht benötigt, sondern erst nachdem man das Aquarium später geflutet hat und "nass" betreibt. Den nötigen Kohlenstoff holen sich die Pflanzen einfach aus der Luft. Man sollte lediglich darauf achten, dass der Feuchtigkeitsgrad im Aquarium erhalten bleibt und die Pflanzen nicht austrocknen. Um dies zu erreichen, sollte man den Inhalt des Aquariums ab und an mit einer Sprühflasche befeuchten. Vor allem Pflanzen in den höheren Bereichen, also in Lampennähe, neigen ansonsten öfter zum Vertrocknen. Ihnen sollte man in dieser Hinsicht besondere Beachtung schenken. Ein minimaler Gasaustausch ist außerdem zu empfehlen, um einer Schimmelbildung vorzubeugen. Hierzu kann das Aquarium nach Bedarf kurz gelüftet werden.
Feuchtigkeitsgehalt
Wie bereits unter dem Punkt "Pflege" besprochen, ist der richtige Feuchtigkeitsgrad wichtig, um den Aquarienpflanzen ein gutes Wachstums-Milieu zu schaffen. Die Betonung liegt hier auf mäßig feucht und nicht nass (daher auch "Trockenstart"), denn zu viel Nässe führt nicht zum Erfolg. Gerade bei Staunässe im Bodensubstrat kommt es häufig dazu, dass die Pflanzen verfaulen. Ebenso kann ein zu hoher Wasserstand in Kombination mit entsprechender Beleuchtung zu Algenwuchs in den oberen Regionen des Bodengrundes führen.
Algenwuchs im Bodengrund aufgrund eines zu hohen Wasserstandes.
Ein sichtbarer oder sich erhöhender Wasserstand ist daher kein guter Umstand und sollte beseitigt werden. Hierzu kann man an einer Stelle im Vordergrund eine kleine Kuhle in den Bodengrund graben, welche nahezu bis zur Bodenscheibe reicht. An dieser Stelle kann man nun mit einem dünnen Schlauch (vorzugsweise mit 4/6 mm Durchmesser) überschüssiges Wasser absaugen. Diese Kuhle dient auch als optische Kontrolle: Sammelt sich zu viel Wasser im Bodengrund an, entsteht an dieser Stelle eine sichtbare Pfütze.
In der linken Ecke befindet sich die Kuhle im Bodengrund zwecks Wasserstandskontrolle.
Außerdem sollte man bei zu viel Nässe im Aquarium während des Dry Start auch die Ursache beseitigen und den Wassereintrag (durch Besprühen) deutlich reduzieren. In einem verschlossenen System wie einem Dry Start-Aquarium findet ja auch kaum Wasserverbrauch durch Verdunstung statt, es sei denn, die Abdeckung wurde zu offen konstruiert. Ein gutes Zeichen für ein funktionierendes System sind permanent leicht beschlagene Scheiben und die Bildung von Kondenswasser-Tropfen an der Abdeckung.
Wann macht ein Dry Start Sinn?
Es ist umstritten, ob Aquarienpflanzen per Dry Start schneller wachsen als wenn man das Becken von Anfang an normal betreibt. Darin liegt auch nicht der Vorteil der Trockenstart-Methode. Ein Dry Start bietet sich bei Aquascaping-Layouts an, in denen viele Moose, Bodendecker und auch Aufsitzerpflanzen verwendet werden. In Aquarien mit einem Schwerpunkt auf vielen Stängelpflanzen würden wir von einem Trockenstart abraten. Gerade aber Moose und Bodendecker profitieren sehr von einem Dry Start, da sie bei dieser Methode hervorragend wurzeln beziehungsweise an Dekoration anwachsen können.
Moose sind für einen "Trockenstart" sehr gut geeignet. Sie wachsen hervorragend an der Dekoration fest.
Bodendeckende Pflanzen werden bei einem herkömmlichen Start in der Einfahrphase oft durch grabende Tiere oder starke Sauerstoffbildung aufgetrieben, besonders bei schlechter Einpflanz-Technik; sie müssen dann mühsam wieder neu gesetzt werden. An Hartsubstraten anhaftende Pflanzen wie Moose oder andere Aufsitzer müssen größtenteils durch Hilfsmittel (wie etwa Kleber oder Bindfaden) an Dekoration fixiert werden. Beim Trockenstart können diese Pflanzenarten einfach auf Hardscape (Steine und Wurzeln) oder Bodengrund aufgelegt werden. Mit der Zeit wachsen sie dann dort von allein fest. Um den Zustand des Anwachsens erreicht zu haben, wird ein Aquarium im Dry Start-Verfahren in der Regel zwischen zwei bis vier Wochen betrieben, bevor es geflutet und anschließend "nass" betrieben wird.
Auch für das mikrobiologische Gleichgewicht ist ein Trockenstart von Vorteil, denn im feuchten Milieu können sich im Bodengrund bereits nützliche sessile Bakterien ansiedeln. Oft haben geflutete Dry Start-Aquarien dadurch bedingt keinen besonders großen Ammonium- und Nitrit-Peak und können somit nach kürzerer Zeit mit Tieren besetzt werden.