Über die richtige Düngung von Aquarienpflanzen haben wir in unserer Grundlagenreihe Düngung eines Pflanzenaquariums Teil 1, 2 und 3 schon eine Menge an Informationen bereitgestellt. Werden da nicht zu viel Nährstoffe entfernt? Muss ich mein Frischwasser aufdüngen? All diese Fragen beantworten wir in diesem Beitrag.
Warum überhaupt Wasser wechseln?
Auf das Thema Wasserwechsel sind wir in einem gesonderten Artikel bereits eingegangen (siehe hier). Kurz erklärt: Während in vielen natürlichen Gewässern eine ständige Frischwasserzufuhr herrscht, muss im Ökosystem Aquarium der Mensch nachhelfen und regelmäßig einen Teil des Wassers austauschen. Hierdurch werden wasserverschmutzende Elemente entfernt und neues, unbelastetes Wasser hinzugefügt. Dazu zählen nicht nur Endprodukte organischer Abfallstoffe wie zum Beispiel Nitrat und Phosphat, sondern zum Beispiel auch Eiweiße (Proteine), die sich kaum oder gar nicht im Aquarium abbauen, und schädliche Mikroorganismen (pathogene Keime). Auch auf das Nährstoffangebot für Wasserpflanzen hat ein Wasserwechsel Einfluss. Bestimmte Nährstoffe, die sich im Überschuss angesammelt haben, werden reduziert, einige fehlende oder mangelnde Elemente können durch das Frischwasser wieder hinzugefügt werden.
Bei einem Pflanzenaquarium steht ein wenig die Frage im Raum: warum sollte man denn den teuren Dünger ins Wasser kippen, um ihn dann mit dem Wasserwechsel wieder zu beseitigen?
Natürlich werden durch einen Wasserwechsel auch Nährstoffe entfernt. Hierbei dann von einer Verschwendung von Düngern zu reden, wäre jedoch eine einseitige Sicht auf die Dinge. Denn ein Wasserwechsel hat ja auch Vorteile: Allein die Frischwasserzufuhr belebt das Aquarium durch unbelastetes Wasser; wie schon erwähnt werden organische Verunreinigungen entfernt und der Keimdruck gesenkt. In puncto Nährstoffhaushalt ist ein Wasserwechsel auch als eine Art von Reset zu verstehen, der Nährstoffspitzen entfernt und wieder moderate Verhältnisse einstellt. In der Praxis gibt es nun im Prinzip zwei grundverschiedene Ansätze, wie man mit dem Thema Düngung und Wasserwechsel umgeht. Wer sparsam mit seinen Düngern umgehen möchte, der kann die Wasserwerte kurz vor dem Wasserwechsel durch Tests genau ermitteln und dann die Düngerdosierung so berechnen, dass etwaige Lücken geschlossen werden und kaum Nährstoffverluste entstehen (siehe weiter unten das Kapitel "Das Düngekonzept mit Frischwasseraufdüngung"). Wer es gerne etwas bequemer und unkomplizierter mag, auch mit deutlich weniger Zeitaufwand, dem sei "Das Düngekonzept ohne Frischwasseraufdüngung" empfohlen. Beide Varianten stellen wir nun im Folgenden vor.
Das Düngekonzept mit Frischwasseraufdüngung
Hierbei werden konstante Nährstoffwerte im Aquarium angestrebt. Man geht von den bereits vorhandenen Nährstoffgehalten des Altwassers sowie des Frischwassers aus und düngt das beim Wasserwechsel zugegebene Frischwasser lediglich soweit auf, dass Nährstofflücken geschlossen werden.
Zunächst verschafft man sich am Ende einer Woche, zum Zeitpunkt vor dem Wasserwechsel, einen guten Überblick über die aktuelle Nährstoffsituation. Man misst alle wichtigen Nährstoffparameter des Altwassers durch, wie etwa NO3, K, Fe und PO4. Ebenso braucht man die bereits vorhandenen Nährstoffwerte des Ausgangswassers, in der Regel Leitungswasser, die dann in der Trinkwasseranalyse des örtlichen Wasserversorgers nachgeschaut werden können. Auch die Zielwerte der Nährstoffkonzentrationen, die das Frischwasser nach dem Wasserwechsel haben soll, müssen bekannt sein. Und man muss wissen, wieviel Altwasser durch Frischwasser ausgetauscht werden soll.
Aus diesen Ausgangswerten ermittelt man dann die Mengen der verschiedenen Dünger, die man dem Frischwasser zugeben muss, um die jeweiligen Zielwerte der Nährstoffgehalte nach dem Wasserwechsel zu erreichen. Vereinfacht gesagt wird das Volumen, sowie der Nährstoffgehalt des Rest- und Frischwassers durch das Gesamtvolumen des Aquariums geteilt und anschließend von dem Zielwert der Nährstoffkonzentration angezogen. Der Differenzbetrag ist nun der, um den wir das Frischwasser aufdüngen müssen. Somit ergibt sich folgende Formel:
[Zielwert der Nährstoffkonzentration in mg/l] - ([Volumen Restwasser in l x Konzentration Restwasser in mg/l] + [Volumen Wechselwasser in l x Konzentration Wechselwasser in mg/l]) / [Gesamtvolumen Aquarium in l] = [erforderlicher Wert zum Aufdüngen in mg/l]
Um dann die genaue Düngermenge zu errechnen, kann der Flowgrow Nährstoffrechner zu Hilfe genommen werden. Mit dem Rechner kann die erforderliche Menge des Flüssigdüngers in ml passend zu einem bestimmten Nährstoffgehalt in mg/l und der Menge des Frischwassers in Liter ermittelt werden.
Ein Beispiel: Vorhanden ist ein 100 Liter-Aquarium, bei dem jede Woche ein Wasserwechsel von 50% (50 Liter) vollzogen wird. Der ermittelte Messwert für Nitrat vor dem Wasserwechsel beträgt 5 mg/l NO3, soviel Nitrat ist also bereits vorhanden. Das Ausgangswasser hat eine Konzentration von 3 mg/l NO3. Als Zielwert für das Aquarienwassers möchten wir einen Gehalt von 15 mg/l NO3 anstreben. Wir rechnen nun 15 - (50 x 5 + 50 x 3) / 100 = 11mg/l NO3. Unser Aquarium von 100 Litern benötigt also insgesamt eine Aufdüngung um 11 mg/l NO3. Nun kommt der Flowgrow Nährstoffrechner ins Spiel. Oben unter "Beckenvolumen" tragen wir die Menge des Aquarienwassers ein, in diesem Fall dann 100 Liter. Weiter unten suchen wir uns unter dem Nährstoff Nitrat zunächst ein passendes Produkt aus, mit dem wir NO3 anheben wollen. In unserem Beispiel dazu verwenden wir den GH Boost N.
Nun muss man ein wenig experimentieren: Unter Dosierung gibt man eine Zahl ein und klickt anschließend auf "Berechnen". Nach dem Trial-and-Error-Prinzip müssen wir die Dosiermenge dann herausfinden, bis unten in den Ergebnissen unter Nitrat dann unser gewünschter Aufdünge-Wert angezeigt wird. In unserem Beispiel waren dies ja 11 mg/l NO3, die wir dann mit einer ungefähren Zugabemenge von 15 ml GH Boost N erreichen.
Befindet sich außerdem der Nährstoffgehalt eines Elementes bereits im Aquarienwasser unter dem Zielwert, muss hier entweder die Tagesdüngung angepasst werden oder eine weitere Berechnung zur zusätzlichen Aufdüngung des Altwassers erfolgen.
Ganz schön kompliziert, oder? Diese Umgangsweise mit Nährstoffwerten und dem Wasserwechsel ist zwar sehr penibel, aber mit dem wöchentlichen Testen und Ausrechnen auch mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden. Wir möchten nun einen etwas bequemeren Ansatz vorstellen.
Das Düngekonzept ohne Frischwasseraufdüngung
Die Idee hinter diesem Konzept basiert im Prinzip auf der Methode des Estimative Index. Dieser sieht eine unlimitierte Nährstoffverfügbarkeit vor. Da alle Nährelemente in üppigen Mengen vorliegen, müssen diese auch nicht regelmäßig durch Wassertests überprüft werden, da es in der Regel nicht zu einer Nährstoffknappheit kommt. Ein regelmäßiger, wöchentlicher Wasserwechsel von 50 % sorgt dafür, dass sich Nährstoffe nicht zu stark ansammeln. Nährstoffspitzen werden durch den Wasserwechsel einfach wieder gekappt. Es ist daher so gewollt, dass die Nährstoffwerte am Anfang einer Woche niedrig sind und gegen Ende der Woche ansteigen.
Diese Grundidee wird hier im Prinzip übernommen. Die Tagesdosierungen der Dünger sind quasi immer ein wenig größer als der tägliche Nährstoffbedarf der Pflanzen, so dass sich gewisse Nährstoffe über den Zeitraum einer Woche anreichern. Mit dem Wasserwechsel am Ende der Woche führt man dann eine Art Reset durch, kappt etwaige Nährstoffspitzen und setzt diese wieder auf ein Minimum beziehungsweise auf einen gewissen Grundwert.
Anders ausgedrückt: Durch das leichte Überdosieren der Dünger im Laufe der Woche ist das Aufdüngen des Frischwassers sozusagen schon mit eingerechnet. Somit entfällt die wöchentliche Endkontrolle und das regelmäßige Testen des Wassers.
Die Menge des über die Woche eingebrachten Düngers ist dabei abhängig von der Größe des Wasserwechsels. Je mehr Frischwasser beim Wechsel zugeführt wird, desto mehr sollte die Tagesdüngung dann leicht nach oben angepasst werden. Wir empfehlen auf jeden Fall eine Wasserwechselrate von 50% pro Woche. Somit hat der Wasserwechsel noch genügend Einfluss auf den Nährstoffhaushalt und etwa die sonstige Belastung des Wassers (Keimdichte), trägt aber auf der anderen Seite nicht zu viele Nährstoffe aus.
Natürlich muss man, um die richtigen Tagesdosierungen zu finden, in der Anfangszeit die Wasserwerte etwas öfter mit einem entsprechenden Test überprüfen. Irgendwann ist jedoch der Punkt erreicht, in dem Tagesdüngung, Pflanzenbestand im Aquarium und der wöchentliche Wasserwechsel eine gewisse Balance bilden und alle Werte in den gewünschten Zielbereichen bleiben. Statt auf regelmäßiges Testen kann man dann mehr auf das reine Beobachten der Pflanzen setzen. Erst bei aufkommenden Mangelerscheinungen oder Algenwuchs lohnt es sich dann wieder, in den "analytischen Modus" zu wechseln und gewisse Parameter auch durch Wassertests zu überprüfen. Alles in allem ist diese Methode ohne Frischwasseraufdüngung doch die wesentliche unkompliziertere, bedarf aber mitunter einer gewissen Erfahrung.
Du hast Probleme mit deinem Pflanzenwuchs oder deinem Düngekonzept? Kein Problem, schreib uns an, wir helfen dir dann gerne weiter!