Allgemein bekannt in der Pflanzenaquaristik ist, dass weiches und leicht saures Wasser (mit niedriger Härte und einem ebensolchen pH-Wert) für das Wachstum von Wasserpflanzen im Aquarium besonders förderlich ist. Aber warum eigentlich? Wir klären hier in diesem Beitrag genauer auf, welche Auswirkungen bestimmte Wasserparameter auf die Verfügbarkeit von Nährstoffen für Aquarienpflanzen haben.
Unterschiede bei weichem und hartem Wasser
Erfahrungen in der aquaristischen Praxis haben gezeigt, dass der Nährstoffhaushalt bei weichem Wasser anders funktioniert als in Hartwasser. Bemerkbar machte sich dieser Umstand bei Aquarianern, die zum Beispiel durch einen Wohnortwechsel mit einer Umstellung von hartem auf weiches Wasser (oder umgekehrt) konfrontiert wurden. Bedingt durch die neuen Wasserparameter musste deren "Düngeverhalten" doch deutlich angepasst werden. Während im härteren Wasser normal bis hohe Dosen von Eisenvolldünger üblich waren, zeigten sich in weicherem Wasser bei gleichem Düngeverhalten recht bald sehr stark auftretendes Pinselalgenwachstum. Hier ist also eine wesentlich geringere Dosis nötig als bei härterem Wasser.
Anders herum ist in Aquarien mit härterem Wasser neben einer höheren Dosierung von Mikronährstoffen mitunter auch eine deutlich stärkere Zugabe von Makronährelementen und Kohlendioxid notwendig, bis sich schließlich ein vitaler Wuchs bei den Wasserpflanzen einstellt. Woran liegt das? Wir gehen in der Folge etwas genauer auf die einzelnen Parameter des Aquarienwassers ein.
pH-Wert
Der pH-Wert hat an sich streng genommen erst einmal nichts mit der Wasserhärte zu tun. Die Gesamthärte (GH) wird als die Summe der gelösten Erdalkalimetall-Ionen definiert und gibt an, ob man ein Wasser als hart oder weich bezeichnet. Der pH-Wert hingegen bestimmt, ob saure oder alkalische Eigenschaften vorliegen, er bezieht sich auf die Konzentration von Wasserstoff-Ionen. Die Parameter "sauer" und "weich" sind also zunächst einmal zwei Paar Schuhe, die getrennt voneinander zu betrachten sind. Dennoch gibt es chemische Zusammenhänge zwischen dem pH-Wert und dem temporären Teil der Wasserhärte, welcher als Karbonathärte (KH) definiert wird. Zusammen mit dem CO2-Gehalt ergibt sich das sogenannte Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht. Hier finden gewisse Beeinflussungen untereinander statt. Vereinfacht gesagt zeigt sich in der aquaristischen Praxis, dass die Eigenschaften "sauer" und "weich" häufig in Kombination vorkommen, genau so wie auch "hart" und "alkalisch".
Betrachtet man den pH-Wert nun aber als eigenständigen Wert, so gibt es hier durchaus auch einige Auswirkungen auf die Nährstoffverfügbarkeit. Für viele Pflanzenarten ist ein leicht saurer pH-Wert deutlich förderlicher für die Nährstoffaufnahme. Vor allem im Bodensubstrat ist ein ph-Wert unter 7 vorteilhaft für die Aufnahme von wichtigen Spurenelementen wie zum Beispiel Eisen, Mangan, Bor, Kupfer und Zink. Die Pflanzen sind über ihre Wurzeln auch in der Lage, den Boden anzusäuern, indem sie Wasserstoff-Ionen freisetzen. Dies erhöht die Löslichkeit von zum Beispiel Eisen in der Form von Fe3+ sowie seine Reduktion zu Fe2+, welches in dieser Oxidationsstufe besser von Pflanzen aufgenommen werden kann.
Verändert (ins Deutsche übersetzt) nach: CoolKoon - Eigenes Werk, Lizenz: CC BY 4.0.
Die obige Abbildung zeigt die Löslichkeit von Mineralstoffen in Abhängigkeit vom pH-Wert des Bodens bei Landpflanzen. Gut zu sehen ist eine verbesserte Nährstoffaufnahme von wichtigen Spurenelementen bei leicht saurem pH-Wert.
Um ein möglichst saures Milieu im Bodengrund zu erreichen, empfehlen sich im Pflanzenaquarium aktive Soilböden. Diese sind außerdem meist, je nach Typ und Hersteller, mehr oder weniger stark mit zusätzlichen nützlichen Nährstoffen für Wasserpflanzen angereichert.
Ein niedriger pH-Wert lässt sich durch eine niedrigere Karbonathärte wesentlich leichter auf ein gewisses Niveau einstellen. Begründet liegt dies in dem oben bereits erwähnten Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht. Hierzu kann man die sogenannten CO2-KH-pH-Tabellen zur Hand nehmen. Als Beispiel sei erwähnt, dass ein pH-Wert von 6,8 bei einer KH von 2 mit einer Zugabe von nur 10 mg/l CO2 zu erreichen ist. Liegt hingegen eine KH von 4 vor, müssen dafür bereits 20 mg/l CO2 aufgewendet werden, um ebenfalls auf einen pH-Wert von 6,8 zu kommen.
Wasserhärte und deren Auswirkung auf die Nährstoffsituation im Aquarium
Betrachtet man die Definition der Gesamthärte (GH) des Wassers, so hängt ein höherer Härtegrad auch mit einer höheren Anzahl an darin gelösten Erdalkalimetallen zusammen. Darunter fallen vor allem Calcium und Magnesium, aber auch zum Beispiel Strontium, Beryllium und Barium. Gerade die ersten beiden Elemente Calcium und Magnesium zählen für die Pflanzen dabei zu den Makronährstoffen, welche in höherem Maße benötigt werden. Obwohl der Gehalt an sämtlichen gelösten Salzen (also nicht nur an Erdalkalimetallen, welche Bestandteil der GH sind) je nach natürlichem Ursprung des Wassers verschieden sein kann, ist das Verhältnis der Konzentrationen dieser Stoffe zueinander doch meist recht ähnlich. Insofern lässt sich die Gesamthärte (GH) über die Erfassung von Erdalkalimetallen hinaus auch als Indikator für andere Parameter des Wassers interpretieren, wie zum Beispiel den Leitwert und die Menge anderer gelöster Salze.
Salopp gesagt kann man daraus schlussfolgern, dass härteres Wasser somit reicher an Mineralien und darin gelösten Salzen ist, sprich das Wasser kann im Bezug auf diese Mineralien und bestimmte Spurenelemente tendenziell als "nährstoffreicher" bezeichnet werden. Auf der anderen Seite könnte man weicheres Wasser dann als eher "nährstoffarm" verstehen. In einem üppig wachsenden Pflanzenaquarium herrscht ein entsprechender Verbrauch an Mineralien, daher kann im Weichwasser mitunter schneller eine Mangelsituation entstehen. Dies betrifft in der Regel weniger die Elemente Calcium und Magnesium, häufiger betroffen ist hierdurch eher der Bereich der Spurenelemente wie etwa Eisen, Mangan, Bor und Molybdän. Normalerweise werden diese durch die Zugabe eines Eisenvolldüngers in ausreichendem Maße zugeführt. Nicht selten hat man in einem Weichwasser-Aquarium allerdings den speziellen Fall, dass Eisenvolldünger nicht ausreichend dosiert werden kann, da dadurch ein Aufkommen von Rotalgen wie Pinselalgen und Bartalgen provoziert wird. Abhilfe schafft hier oft ein Wechsel der Chelatform mit einem Dünger wie dem Aqua Rebell Mikro Spezial Flowgrow. In diesem sind die Nährstoffe sanfter stabilisiert (es wird kein EDTA als Chelator verwendet) und damit schneller für die Pflanzen verfügbar. In sehr seltenen Fällen ist mitunter die Aufdüngung mit einem reinen Spurenelemente-Dünger ohne Eisen wie Seachem Trace in weichem Wasser notwendig, der das richtige Verhältnis der Spurenelemente ohne Rotalgen-Aufkommen einstellt, weil er kein zusätzliches Eisen zuführt.
Etwas anders stellt sich die Situation in härterem Wasser dar. Wie oben bereits beschrieben, ist Wasser mit einem höheren Härtegrad auch reicher an Mineralien. Hier kann sich mitunter die Situation ergeben, dass in extremen Fällen die Elemente um die Nährstoffaufnahme an der Pflanze "konkurrieren" und somit eine Nährstoffblockade durch ein Überangebot eines anderen Nährstoffes entsteht. Dies liegt darin begründet, dass gewisse Elemente antagonistisch wirken. So kann ein zu hoher Calcium-Gehalt sich negativ auf die Aufnahme von Kalium und Magnesium bei den Wasserpflanzen auswirken. Es entsteht also paradoxerweise hier eine Mangelsituation durch ein Überangebot an Mineralien und eine Verdrängung durch konkurrierende Elemente. Von daher sollte man in härterem Wasser ganz besonders auf ein ausgewogenes Verhältnis der Mineralien achten, insbesondere bei den Nährstoffen Calcium, Magnesium und Kalium (siehe auch das "Das Calcium-Magnesium-Verhältnis"). Aus ähnlichen Gründen sind mitunter zum Teil auch sehr hohe Dosierungen anderer Düngekomponenten notwendig, um auf die gewünschten Wuchsergebnisse bei den Aquarienpflanzen zu kommen.
Verwendet der Aquarianer härteres Leitungswasser, ist dies oft extrem reich an Calcium, aber sehr arm an Magnesium. Um einen vitalen Wuchs bei den Wasserpflanzen und ein möglichst ideales Verhältnis von Calcium zu Magnesium mit einer Ratio von etwa 3:1 zu sorgen, ist hier mitunter das Aufdüngen mit Magnesium mittels Bittersalz notwendig. Gerade bei überproportionalen Calcium-Konzentrationen können leicht Magnesium-Mangelerscheinungen auftreten. Ähnlich wie bei einem Eisenmangel wird dadurch die Chlorophyllbildung gestört und es bildet sich weniger Blattgrün. Die Triebspitzen der Wasserpflanzen sind oft hell bis weiß, wobei die Blattadern häufig grün bleiben.
CO2 und Wasserhärte
Hier sollten dem Aquarianer folgende Zusammenhänge bewusst sein:
- Durch das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht beeinflussen sich pH, KH und der CO2-Gehalt in Wasser gegenseitig und haben bestimmte Grundverhältnisse untereinander.
- Die Karbonathärte besitzt die Funktion der pH-Wert-Pufferung.
Was genau passiert eigentlich, wenn man CO2 in ein Aquarium zuführt? Zunächst einmal möchte der Pflanzenaquarianer damit einen wichtigen Nährstoff zur Verfügung stellen. Die Einleitung von Kohlendioxid hat aber auch chemische Auswirkungen auf das Wasser, denn ein geringer Teil des CO2s reagiert zur Kohlensäure, welche das Wasser ansäuert. Hierdurch sinkt der pH-Wert. Auf diesem Prinzip basierend funktionieren auch pH-Controller im Aquarium, welche durch die gesteuerte CO2-Einspeisung den pH auf einem bestimmten Wert halten. Als natürlicher Puffer dient die Karbonathärte beziehungsweise das Säurebindungsvermögen. Wie der Name schon sagt, verhindern die in der KH enthaltenden Hydrogenkarbonate bis zu einem gewissen Grad, dass von außen zugeführte Säuren den pH-Wert sofort nach unten ziehen.
Wird nun über eine CO2-Anlage Kohlendioxid ins Wasser zugeführt, entsteht wie oben beschrieben Kohlensäure, die Auswirkungen auf den pH-Wert hat. Bei einer höheren Karbonathärte ist die Pufferwirkung stärker. Dies bedeutet, dass der Effekt der pH-Wert Senkung in diesem Fall deutlich erschwert wird. Für eine gute Nährstoffverfügbarkeit in einem Pflanzenaquarium ist daher eine zu hohe Karbonathärte kontraproduktiv.
Kalk und CO2
Sind im Aquarium Dekorationsgegenstände (zum Beispiel Steine) und Bodengründe, welche Kalk (Kalziumkarbonat) enthalten, wirkt sich dies negativ auf die Nährstoffverfügbarkeit für die Pflanzen aus. Durch die CO2-Einspeisung verschiebt sich das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht, welches das System wieder in Balance bringen möchte. Die entstehende Kohlensäure reagiert recht aggressiv mit dem Kalk in Feststoffen und verbindet sich zu im Wasser gelösten Kalziumhydrogenkarbonat. Folglich steigen Karbonathärte, pH-Wert und Gesamthärte bei gleichzeitigem Verbrauch an CO2 für diesen Pufferungsprozess. Das dadurch verbrauchte CO2 steht den Wasserpflanzen zunächst nicht mehr als freier Nährstoff zur Verfügung.
Dies Phänomen erklärt die teilweise massive Aufhärtung durch manche im Aquascaping sehr beliebte Gesteinsarten wie zum Beispiel Minilandschaft (siehe Foto). Neben der schlechteren CO2-Verfügbarkeit wirkt sich dieses Phänomen auch negativ auf die sonstige Nährstoffaufnahme aus. Die höheren Karbonathärte bedingt einen höheren pH-Wert, der kontraproduktiv wirkt. Das Verhältnis im Bereich der Erdalkalimetalle verschiebt sich zugunsten von Kalzium, sodass wieder Magnesium-Mangelerscheinungen an den Pflanzen entstehen. Abhilfe schaffen wir hier durch regelmäßige Pflegemaßnahmen wie große Wasserwechsel und das Aufdüngen mittels Bittersalz, um das Calcium-Magnesium-Verhältnis wieder in eine pflanzenfreundlichere Ratio zu bringen.
Fazit
Welche Pflanzen nun welche Härtegrade bevorzugen, ist letzten Endes artenabhängig. Es gibt durchaus viele Wasserpflanzen, welche sich in härterem Wasser wohler fühlen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Mangelsituation aufgrund von fehlenden Mineralien eintritt, ist bei einer höheren Gesamthärte etwas unwahrscheinlicher. Jedoch: Karbonatärmeres und somit in dieser Hinsicht "weicheres" Wasser ist vorteilhafter für die Aufnahme von Nährstoffen. Es lässt sich aufgrund der Zusammenhänge im Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht deutlich einfacher ein pH-Wert unter 7 mittels CO2-Einspeisung erreichen, welcher die Nährstoffverfügbarkeit bei Aquarienpflanzen verbessert. In eher saurem Weichwasser laufen weniger antagonistische Prozesse in Bezug auf Kalk ab, daher sind nicht so hohe Düngerzugaben notwendig, um vitale Wuchsbilder bei den Wasserpflanzen zu bekommen.
Ein guter Kompromiss für die Pflanzenaquaristik wäre daher eine kalkarme Umgebung im Aquarium, eine eher niedrige Karbonathärte (KH) kombiniert mit einer Gesamthärte (zum Beispiel nicht unter 6 dGH°), die nicht zu mineralienarm ausgelegt ist und in einem guten Verhältnis von Calcium zu Magnesium steht. Somit stellen ein pH-Wert leicht unter neutral zur besseren Nährstoffaufnahme und für eine vorteilhaftere CO2-Aufnahme mit einer ausreichenden Menge an Mineralien eine gute Kombination dar.