Auf Hydren trifft man immer wieder im Aquarium. Die Tiere erinnern vom Aussehen her an einen Regenschirm ohne Bespannung oder an eine Koralle. Der Vergleich mit der Koralle ist gar nicht so verkehrt, der Süßwasserpolyp gehört nämlich genau wie die Korallen des Meerwassers zu den Nesseltieren (Cnidaria). Über diese eigentlich faszinierenden Niederen Tiere geistert leider viel Fehlinformation und Panikmache durchs Netz, wir versuchen hier, sie euch etwas näher zu bringen.
Wie kommen Süßwasserpolypen ins Aquarium?
Zum einen kann man sich Hydren durch Wasserpflanzen, Aquariendeko oder (seltener) mit Fischen oder Wirbellosen, vor allem aufsitzend auf Schneckenhäusern, ins Aquarium holen, zum anderen kommen sie auch "von alleine" mit dem Hausstaub. Hydra hat sich als Überlebensstrategie die Bildung von Dauereiern angeeignet, die sie durch geschlechtliche Vermehrung produzieren kann. Werden die Bedingungen im Biotop schlechter, bilden Hydren Geschlechtsteile aus und beginnen mit der Fortpflanzung durch Begattung. Die so produzierten Dauereier werden bei Austrocknen des Biotops Teil des Staubs in der Luft. Ist das Aquarium nicht hermetisch abgeschlossen (und welches Aquarium ist das schon?), kann es also durchaus sein, dass auch in Aquarien ohne Tierbesatz Hydren auftauchen, obwohl der Aquarianer vielleicht nur InVitro-Pflanzen und neues Hardscape verwendet hat. Natürlich kann man sich Hydren auch mit Lebendfutter, vor allem mit Tümpelfutter, also selbst gefangenem Lebendfutter aus Naturgewässern, einfangen.
Welche Arten gibt es?
Gängige Arten in der Aquaristik sind bei uns auch in der Natur heimische Hydren: Chlorohydra (Hydra) viridissima, die Grüne Hydra, die ihre Farbe durch symbiontische Algen der Gattung Chlorella hat, und Hydra vulgaris, die eine bräunlich-beige bis weißliche Färbung besitzt. Hydren werden ungefähr 0,3-1 cm groß, die Tentakel können über 2 cm lang werden. Dabei bleibt die Grüne Hydra in der Regel eher etwas kleiner.
Wie vermehren sich Hydren?
Zum einen können Hydren sich ungeschlechtlich durch Knospung vermehren, zum anderen können sie sich auch geschlechtlich fortpflanzen, dann legen sie die oben bereits erwähnten Dauereier. Bei der Knospung sprießt eine neue Hydra am Körper des Alttieres. Wenn sie groß genug ist, schnürt sie sich ab und beginnt ein eigenständiges Leben.
Wie bewegen sich Hydren fort?
Hydren sind grundsätzlich nicht sehr bewegungsfreudige Tiere. Sie sitzen und warten auf Beute. Taugen ihnen die Umweltbedingungen nicht, so sind sie in der Lage, ihre Haftscheibe von der Unterlage zu lösen und sich purzelbaumartig von der Stelle zu bewegen. Schnell sind sie dabei nicht. Auch kann ein Süßwasserpolyp unter seiner Haftscheibe eine kleine Gasblase bilden und den Auftrieb nutzen, um nach oben Richtung Wasseroberfläche zu kommen.
Sind Hydren gefährlich?
Dazu gibt es ein klares Jein. Hydren sind Jäger, sie besitzen Nesselzellen an ihren Tentakeln, mit denen sie ihre Beute (kleinere Krebstiere, Würmer, Larven und ähnliches) lähmen, bevor sie sie fressen. Es gibt Hydren, die so groß werden, dass sie einen Wasserfloh bewältigen können - diese Exemplare können natürlich dann auch andere kleine Tiere ähnlicher Größe wie frisch geschlüpfte Garnelenlarven oder sehr kleine Fischlarven fangen und fressen. Allerdings ist Hydra ein Lauerjäger, sie geht nicht aktiv auf die Jagd, sondern sitzt und wartet, bis Beute kommt. Mit Hilfe ihrer Riechzellen nimmt sie die Substanz Glutathion wahr, die Teil von Tierzellen und Hefezellen ist und die vermehrt bei einer Vernesselung ausgeschüttet wird. Glutathion löst eine Bewegung der Tentakel aus, sie gehen dann in Richtung Mundöffnung, die sich am oberen Körperende der Hydra an der Basis des Tentakelkranzes befindet. Auch wenn Proteinfutter in der Nähe einer Hydra gefüttert wird, kann man teilweise diesen Reflex beobachten.
Die meisten Hydren im Aquarium sind allerdings zu klein, um die Aquarienbewohner ernsthaft zu gefährden, wobei es für Garnelen sicherlich zumindest unangenehm sein dürfte, wenn sie sich dank dichter Hydrenteppiche nicht mehr hinsetzen können, ohne vernesselt zu werden. Bei einer gewissen Befallsdichte mit Süßwasserpolypen besteht also durchaus Handlungsbedarf, jedoch braucht man bei einzelnen Tieren nicht gleich in Panik auszubrechen. Hier muss der Aquarianer in der Regel nichts unternehmen, ein geringer Befall verschwindet nach einiger Zeit meist von selbst wieder.
Einschleppung vermeiden
Eine Einschleppung kann man nie ganz vermeiden, da die Dauereier über die Luft ins Aquarium kommen. Dennoch kann man das Befallsrisiko verkleinern, wenn man die Übertragung von einem Aquarium zum anderen durch jeweils eigenes Werkzeug verhindert. Wenigstens ein eigener Kescher pro Aquarium sollte schon drin sein. Wer nicht für jedes Aquarium eine eigene Pinzette und Schere etc. anschaffen möchte, sollte die Tools vor der Verwendung in einem anderen Aquarium kurz in eine gesättigte Salzlösung tauchen. Auch andere Parasiten und Krankheitserreger werden dadurch abgetötet.
Wer auf Nummer sicher gehen möchte, greift beim Kauf von Wasserpflanzen auf emerse Topfware oder noch besser auf In Vitro-Pflanzen zurück. Diese werden steril kultiviert und sind auf jeden Fall frei von Plagegeistern.
Was tun bei einem stärkeren Befall?
Ein starker Befall bedeutet immer die Anwesenheit von viel Futter, das ist bei Hydren nicht anders als bei Schnecken oder Würmern im Aquarium. Der Aquarianer sollte hier also an der Ursache ansetzen und nicht einfach nur die Hydren bekämpfen. Wenn viele Kleinlebewesen in Form von Cyclops, Muschelkrebsen und ähnlichen kleinen Tieren vorhanden sind, ist dies zum einen exzellentes Hydra-Futter, zum anderen oft ein Zeichen, dass zu viel gefüttert wird. Diese kleinen Tierchen sind Destruenten, die sich um Futterreste kümmern. Füttert man sparsam, kontrolliert und hochwertig, so nimmt die Zahl der Kleinstlebewesen im Aquarium ab und mit ihre dann etwas zeitversetzt auch die Zahl der Hydren. Feines Frostfutter kommt Hydren direkt zugute, auch hier sollte man so füttern, dass die Fische möglichst alles direkt aufnehmen. Ein Futterglas kann hier eine sehr gute Hilfe darstellen.
Fressfeinde wie Spitzschlammschnecken werden häufig gegen Hydren empfohlen, und sie können helfen, den Bestand kurz zu halten. Ganz los wird man sie nicht, und Spitzschlammschnecken haben auch den Ruf, Wasserpflanzen nicht zu verschonen, wobei sie eher Löcher in die Pflanzenblätter fressen.
Eine andere Methode ist die Behandlung eines Aquariums mit Entwurmungsmitteln, Flubenol oder Panacur. Ihre Wirkstoffe lassen die Hydren absterben, sie wirken jedoch auch auf Schnecken giftig und setzen sich im Bodengrund ab. Dadurch wirken sie auch noch nach Monaten nach. Insbesondere Flubenol ist für alle Schnecken im Aquarium tödlich giftig, während Panacur von Blasenschnecken, Malaiischen Turmdeckelschnecken und von Posthornschnecken überlebt wird. Eine Überdosis Panacur kann bei Garnelen zu Fehlbildungen und zu Fruchtbarkeitsstörungen führen. Auch Granatapfelextrakt wurde schon erfolgreich gegen Hydren eingesetzt, ebenso wie ein Absenken des pH-Wertes des Aquarienwassers auf unter 4 (Achtung beim Restbesatz, Garnelen, Krebse, Schnecken und Fische vertragen dies in der Regel ebenfalls nicht!).
Flubenol und Panacur sind rezeptpflichtig, sie erhält man also nur beim Tierarzt.
Man kann Hydren auch ganz einfach von Hand absammeln, sollte dabei aber sehr umsichtig vorgehen: Süßwasserpolypen können sich aus wenigen Zellen vollständig regenerieren. Zerquetschen oder teilweises Abschaben führen also zu einer Vermehrung der Hydrenpopulation! Sitzen Hydren an der Aquarienscheiben, kann der Aquarianer sie vorsichtig mit einem scharfen Klingenreiniger entfernen und mit Hilfe eines Schlauchs absaugen.
Besser als das Absammeln und praktikabler ist die Einnebelmethode mit Easy Carbo, Zitronensaft, schlichtem heißem Wasser oder auch mit Wasserstoffperoxid.
Dabei wird eine Spritzenladung gezielt auf die Hydren abgegeben. Sie sterben ab oder lassen zumindest los und fallen von der Oberfläche ab, dann sollte man sie gleich absaugen, falls sie sich noch nochmals erholen.