Unbeabsichtigt im Aquarium auftauchende Kleintiere nennt man in der Aquaristik Begleitfauna. Diese kann durch unterschiedliche Arten ihren Weg ins Aquarium finden, zum Beispiel durch den Tausch oder Kauf von Wasserpflanzen, Lebendfutterzugabe oder das Einbringen von gebrauchtem Bodengrund und Dekoration - aber selbst mit dem Staub in der Luft können kleine Tierchen ins Wasser gelangen. Vermeiden lässt sich solch eine Einschleppung nie ganz. Letzten Endes ist ein Aquarium immerhin ein Stück Natur und somit ein Biotop für viele verschiedene Kleinstlebewesen und Mikroorganismen, ohne die der Schadstoffabbau nicht funktionieren würde. Dennoch gibt es einige kleine Tiere, die dem Aquarienbesitzer lästig erscheinen oder gar Schädlinge für die Bewohner wie Fische, Schnecken, Garnelen und Krebse sein können. In diesem Artikel erfährst du alles über diejenige Begleitfauna, die in den Bereich der sogenannten Krebstiere fällt.
Krebstiere
Krebse oder Krebstiere (wissenschaftlich: Crustacea) sind ein extrem artenreicher Unterstamm der Gliederfüßer (Arthropoden). So wie andere Gliederfüßer - Spinnentiere, Tausendfüßer und Insekten - haben sie einen gegliederten Körper und eine Chitin-haltige Körperhülle. Unter die Krebstiere fallen verschiedene Klassen wie zum Beispiel Muschelkrebse, Kiemenfußkrebse und höhere Krebse. Die meisten Arten leben im Wasser, sowohl im Meer als auch in Süßgewässern, einige aber auch an Land.
Die Crustaceen haben sich im Laufe der Evolution stark an sehr unterschiedliche Lebensräume und die dort herrschenden Bedingungen angepasst, daher zeigen sie eine enorme Formenvielfalt. Dies macht es sehr schwierig, eindeutige Merkmale festzulegen, die die Krebstiere als Ganzes kennzeichnen. Einige dieser Merkmale sind das Vorhandensein von Kiemen als Atmungsorgan, die festgelegte Anzahl von zwei Paar Antennen sowie sogenannte Spaltbeine.
Der Körperbau eines Krebses ist in verschiedene Segmente aufgeteilt, unterteilt in einen Kopf- und einen Endabschnitt. Aufgrund der beachtlichen Formenvielfalt fallen die Extremitäten (zum Beispiel Krebszangen, Mundwerkzeuge) je nach Art stark unterschiedlich aus.
In Aquarien lassen sich eine Vielzahl von spontan auftretenden Kleintieren in die Kategorien Schnecken und Würmer einsortieren, aber häufig treten auch Kleinkrebse auf, die wir in diesem Artikel detaillierter vorstellen möchten.
Copepoden
Copepoden sind eine artenreiche Gruppe der Krebstiere. Zu deutsch werden sie als Ruderfußkrebse bezeichnet. Ruderfußkrebse gibt es in nahezu jedem Gewässer rund um den Globus, sogar in Pfützen. 80 % der Arten leben allerdings im Meer. Zu den Copepoden gehören unter anderem die wegen ihrer Fortbewegungsweise so genannten Hüpferlinge (Cyclops), welche als Fischfutter bekannt sind und auch öfter spontan in Aquarien auftreten können. Diese winzig kleinen weißlichen Tiere werden nur bis ca. 1 mm groß, was sie für ein ungeübtes Auge schwierig zu erkennen macht. Charakteristisch ist der breiter werdende Kopfteil mit den zwei abstehenden fühlerartigen Ruderfüßen und ein sehr dünner Hinterleib. Vorne am Kopf zwischen den Ruderfüßen kann man mit einer guten Lupe das meist rötlich gefärbte Cyclopenauge (Einzelauge) entdecken, das dem Hüpferling seinen wissenschaftlichen Namen Cyclops gegeben hat. Die Weibchen tragen jeweils ein weißliches Eipaket rechts und links vom Hinterleib (Pleon). Diese Eier werden getragen, bis die jungen Hüpferlinge schlüpfen. Zunächst schlüpfen hier Naupliuslarven, die sich über mehrere Häutungen hinweg zu adulten Hüpferlingen entwickeln. Für sehr kleine Fischlarven sind diese Naupliuslarven ein exzellentes Futter.
Die Ruderfüße dienen Cyclops als Fortbewegungsmittel. Mit ihrer Hilfe können sie sich ruckartig springend vorwärts bewegen. Diese zuckende, schnelle Fortbewegungsweise ist für Cyclops sehr charakteristisch, und sie hat auch zum umgangssprachlichen Namen "Hüpferling" geführt.
Grundsätzlich sind diese Kleinkrebse als ungefährlich für Wasserpflanzen sowie Fische, Garnelen und Schnecken anzusehen. Ist jedoch übermäßig viel Futter für Hüpferlinge vorhanden, kann es zu einer massiven Vermehrung kommen, welche aber höchstens optisch ein Problem darstellt. Cyclops ernähren sich von abgestorbenem Pflanzenmaterial und Futterresten und sind somit als Restevertilger ein nützlicher Teil im Ökosystem Aquarium. Fast alle Aquarienfische nehmen Hüpferlinge als willkommenes Lebendfutter an, insofern ist eine dichte Population dieser Tiere eher in fischlosen Aquarien wie Garnelenzucht-Becken wahrscheinlich.
Trocknet ihr natürliches Habitat aus, bilden Cyclops Cysten, die Trockenheit und auch Kälte überstehen. Diese werden mit dem Wind aufgewirbelt und bilden dann einen Teil des normalen Staubs in der Luft. So kommen Hüpferlinge übrigens auch ins Aquarium - buchstäblich aus heiterem Himmel. Außerdem kann man sie sich mit Pflanzen aus besiedelten Aquarien oder aus der Natur einschleppen, auch über eine Einschleppung mit entsprechendem Frostfutter wird hin und wieder berichtet.
Muschelkrebse
Muschelkrebse (wissenschaftlich: Ostracoden) sind eine sehr artenreiche Gruppe kleiner Krebstiere, die überall im Wasser vorkommen, auch in der Tiefsee und im Grundwasser; einige Arten leben sogar in feuchten Waldböden. Sie leben überwiegend als Resteverwerter, es gibt unter ihnen aber auch Aasfresser, Räuber, Pflanzenfresser und Filtrierer. Sehr selten sind räuberische Muschelkrebs-Arten auch im Süßwasser anzutreffen. Im Meer gibt es sie häufiger. In seltenen Fällen hat man eine aasfressende Art im Becken, die man massenhaft auf toten Schnecken beobachten kann. Diese Muschelkrebse haben die Schnecke nicht etwa umgebracht, sondern verwerten sie lediglich. Passiert das häufiger, sollte man versuchen herauszufinden, woran die Schnecken sterben. Manchmal liegt der Grund in Außenfiltereinläufen, Skimmern oder anderen Pumpeneinläufen, aus deren Löchern die Schnecken nicht mehr herauskommen und dort verenden.
Muschelkrebse sollten nicht mit Muschelschalern verwechselt werden, welche in bestimmten Kreisen der Aquaristik gezüchtet werden und zu den "Urzeitkrebsen" zählen. Die Muschelkrebse, mit denen wir als Aquarianer zu tun haben, sind meist zwischen 0,5 und 2 mm lang und von ovaler bis runder Gestalt. Aus der zweigeteilten Schale, die - ähnlich einer Muschel - einen Spalt geöffnet ist, ragen haar- oder pinselartige Organe hervor, die zum Tasten, Schwimmen, Krabbeln und zur Nahrungsaufnahme dienen.
Die Kleinkrebse krabbeln auf dem Substrat und können sich zeitweise auch schwimmend fortbewegen, das Schwimmbild ist sehr gleichmäßig. Meist halten sich Muschelkrebse nah am Boden auf, am und im Mulm, um Pflanzen herum oder auf Sandkörnern, denen sie durchaus sehr ähnlich sehen können. Auch an Scheiben kann man sie weiden sehen. Bei starkem Futtereintrag können sich Muschelkrebse entsprechend stärker vermehren und zu einem kosmetischen Problem werden. Man sollte dann die Futtermenge anpassen. Alles in allem sind Muschelkrebse im Aquarium in der Regel höchstens ein kosmetisches Problem. Hin und wieder kann es jedoch vorkommen, dass sich ein einzelner Muschelkrebs unter den Deckel einer Aquarienschnecke wie zum Beispiel einer Pianoschnecke oder Brotia verirrt. Dies stresst die Schnecke und es kann dann vorkommen, dass sie den Deckel schließt und dann verhungert. Aber auch dies geschieht sehr selten und ist sicherlich kein gezielter Angriff des Muschelkrebses.
Eingeschleppt werden anhaftende Muschelkrebse oder Eier mit Aquarienpflanzen und beispielsweise Mooskugeln, aber auch durch Dekoration oder Tiere aus besiedelten Becken oder natürlichen Gewässern. Die Eier werden aus ausgetrockneten Naturgewässern mit dem Wind verdriftet, Muschelkrebse können daher wie Cyclops spontan im Aquarium auftauchen, selbst wenn keine Pflanzen, Tiere oder Deko von außen dazukamen.
Wasserflöhe
Wasserflöhe werden nach ihrer bekanntesten Gattung Daphnia meist auch als "Daphnien" betitelt. Sie sind dem Aquarianer eher als gängiges, ballaststoffreiches Lebendfutter bekannt und weniger als spontan auftauchendes Kleingetier im Aquarium. Eine Einschleppung ist, wenn überhaupt, etwa durch Animpfen des Aquariums mit Teichschlamm, Zugabe von Lebendfutter oder Einsetzen von Wasserpflanzen aus Privathand möglich. Fischbesatz vorausgesetzt, ist mit dem Überleben dieser Tiere eher nicht zu rechnen, da sie innerhalb kurzer Zeit schlicht gefressen werden. Auch kommen diese kleinen Krebstiere mit der starken Strömung und dem sehr nahrungsarmen Wasser in den meisten Aquarien nicht zurecht, so dass sie nach ein paar Tagen verhungern. Ihr Energiebedarf fürs Schwimmen bei Strömung ist schlicht zu hoch. In fischlosen Becken mit schwacher Strömung können sie sich jedoch halten (siehe weiter unten).
Die Wasserflöhe (wissenschaftlich: Cladocera) sind eigentlich eine vielfältige Gruppe von winzigen aquatischen Krebstieren. Die allermeisten Arten leben in Binnengewässern, ganz wenige im Meer. Nicht nur die klassischen "Daphnien" wie Daphnia pulex (Gemeiner Wasserfloh) und Daphnia magna (Großer Wasserfloh) zählen zu ihnen, sondern auch viele weitere Gattungen wie Moina, Bosmina (Rüsselkrebschen) oder Scapholeberis (Kahnfahrer).
Erkennbar sind Wasserflöhe an ihrem recht breiten, oft rundlichen, seitlich abgeflachten, durchscheinenden Körper und zwei großen, verästelten Antennen am Kopf. Sie bewegen sich durch Schlagen mit diesen Antennen fort: ein oft etwas unbeholfen wirkendes Hüpfen. Der Körper steckt zum größten Teil im Rückenpanzer (Carapax), der hinten oft in einen Stachel ausläuft. Bei den meisten Wasserflöhen sehr gut zu sehen ist ein dunkles Komplexauge mitten im durchsichtigen Kopf.
Die meisten Wasserflöhe ernähren sich als Filtrierer: mit ihren Brustbeinen im Panzer erzeugen sie einen Wasserstrom und sieben Nahrungspartikel sowie Schwebealgen und andere im Wasser treibende Mikroorganismen aus.
Für Aquarienbewohner und Wasserpflanzen stellen Wasserflöhe keinerlei Gefahr dar; ganz im Gegenteil werden sie nicht nur von Fischen, sondern auch von kleinen Flusskrebsen bzw. Zwergkrebsen und manchen Garnelen gerne als Lebendfutter angenommen. Eine Wasserfloh-Population kann daher höchstens in fischlosen Behältern, etwa Garnelenzuchtbecken und Pflanzenvasen aufkommen, wenn die Bedingungen stimmen: geringe Strömung und genügendes Nahrungsangebot in Form von Schwebepartikeln und Mikroorganismen.
Wasserflöhe können übrigens trübes Wasser klar filtern. Durch Einsetzen einer größeren Menge Daphnien lässt sich Algen- oder Bakterientrübung beseitigen.
Wasserflöhe vermehren sich durch Eier. Ungeschlechtlich produzierte Eier sind als heller Sattel am Rücken des Wasserflohs sichtbar, die geschlechtlich produzierten Wintereier oder Dauereier sind dagegen dunkel gefärbt. Diese Dauereier überstehen Trockenheit und Kälte sehr gut, weswegen sie bei sich verschlechternden Bedingungen wie Nahrungsmangel oder einem drohenden Austrocknen des Gewässers gebildet werden.
Mexikanische Kampfkrebse
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Mexikanische Flohkrebse (Hyalella azteca), wegen ihrer Robustheit auch Kampfkrebse genannt, gehören zu den Flohkrebsen und stammen aus Mexiko und Südamerika. Ihr Aussehen entspricht grob dem der europäischen Bachflohkrebse (Gammarus pulex). Sie sind allerdings kleiner als ihre europäischen Genossen und besitzen unter der Lupe deutlich sichtbar spitz zulaufende Rückenschuppen. Zudem sind sie wesentlich robuster im Bezug auf die Wasserwerte wie Temperatur oder Sauerstoffgehalt. In härterem Wasser scheint ihre Vermehrungsrate höher zu sein. Gerne werden diese Flohkrebse als Zuchtansatz in einem eigenen Behältnis gehalten, um sie zum Beispiel als Lebendfutter für Schildkröten, Frösche oder größere Fische anzubieten.
Die Tiere können rund einen halben Zentimeter groß werden. Mexikanische Flohkrebse sind gewandte und schnelle Schwimmer, die oft zunächst als durchs Aquarium flitzender Strich wahrgenommen werden.
In ein normales Aquarium können mexikanische Kampfkrebse zum Beispiel durch den privaten Wasserpflanzentausch eingeschleppt werden. Einmal etabliert, sind diese sehr robusten Tiere kaum wieder los zu bekommen, da sie unter anderem auch im Filter des Aquariums leben und sogar in Hohlräumen in Aquarienwurzeln siedeln. Unter guten Bedingungen kann dann eine Massenvermehrung einsetzen. Ihre Eier tragen Mexikanische Flohkrebsweibchen bis zum Schlupf unter dem Hinterleib und betreiben so intensive Brutpflege. Neben der optisch störenden Komponente besteht durchaus die Gefahr, dass die hungrigen Kleinkrebse an Wasserpflanzen, Schneckenlaich und Fischlaich gehen. Sie scheinen allerdings auch gute Algenfresser zu sein und sogar Pinselalgen zu vertilgen. Problematisch sind sie in Garnelenzuchtbecken, weil sie eine ausgesprochen starke Futterkonkurrenz darstellen und auch zu einer frisch gehäuteten Junggarnele nicht nein sagen.