Es kann ab und zu vorkommen, dass in einem Aquarium plötzlich kleine Tiere auftauchen, die man gar nicht mit Absicht eingesetzt hat. Diese unter das Stichwort "Begleitfauna" fallenden Wassertiere werden meist mit dem Einsetzen von Pflanzen, mit Dekoration oder Lebendfutter eingeschleppt. Für viele Aquarienbesitzer stellt sich dann vor allem die Frage, ob es sich um Schädlinge oder für den sonstigen Besatz ungefährliche Lebewesen handelt.
Eine genaue Übersicht zu den verschiedenen Kleintieren, welche in Aquarien auftreten können, findest du in diesem Artikel. Im Folgenden wollen wir nun genauer auf das Thema "Würmer" eingehen.
"Würmer"
So nennt man alle möglichen beinlosen, weichhäutigen, meistens länglichen Wirbellosen. "Würmer" sind keine Verwandtschaftsgruppe, sondern eine Sammelbezeichnung für die meisten wirbellosen Tiergruppen überhaupt, soweit sie keine Schwämme, Nesseltiere, Gliederfüßer, Weichtiere oder Stachelhäuter sind.
In Süßwasseraquarien können viele verschiedene wurmartige Tierchen auftreten, und ihre Unterscheidung ist nicht immer leicht.
Verschiedene "Würmer", vor allem Planarien und Egel, können für die Aquarienbewohner schädlich werden. Doch viele sind eher harmlose Mitbewohner, die zum Teil auch von Fischen und anderen Aquarientieren gefressen werden. Hier stellen wir einige häufige wurmartige Wassertiere in Aquarien vor.
Wenigborster
Ein winziger Wenigborster-Ringelwurm (Oligochaet): Schnauzenwürmchen, Pristina sp.
Wenigborster (Oligochaeten) sind eine Ordnung innerhalb der Ringelwürmer, zu der zum Beispiel Regenwürmer, Tubifex oder Enchyträen zählen, welche allesamt als Fischfutter bekannt sind. Im Aquarium findet man häufiger Arten von Wenigborstern, die mit 1 - 20 mm recht klein bleiben. Oft werden solche Würmchen von Aquarianern für Nematoden (Fadenwürmer, siehe weiter unten) gehalten, von denen sie sich aber bei genauerer Betrachtung deutlich unterscheiden lassen.
Sie sind weißlich durchscheinend und bei näherer Betrachtung sieht man auch gut ihren segmentierten Körper und ihre relativ langen Borsten. Mit diesen finden sie Halt und sie dienen auch der Fortbewegung. Der Körperquerschnitt ist meist rund. Viele Arten haben einen weit ausgezogenen "Zipfel" am Kopfende (z.B. die “Teichschlange”, Stylaria lacustris, und das oben gezeigte Schnauzenwürmchen, Pristina) oder stattdessen auch eine Art Scheibe, die flach gegen den Untergrund gepresst wird (Öltröpfchenwürmer, Aeolosoma).
Auffällig ist die Vermehrungsweise: viele Arten können sich durch Querteilung vermehren, darum sieht man nicht selten ganze Ketten von Tieren, die sich noch nicht komplett voneinander abgelöst haben.
Als Nahrung dienen ihnen Mulm, Algen oder der Biofilm, der sich unter anderem an Scheiben bildet. Diese Würmer sind in jedem Fall harmlos und werden von sehr kleinen Fischen auch gefressen. Speziell manche Öltröpfchenwürmer sehen durch rote Tröpfchen in der Haut unter dem Mikroskop durchaus interessant aus.
Nematoden (Fadenwürmer)
Caenorhabditis elegans zählt zu den Nematoden. Urheber des Bildes: Bob Goldstein - Eigenes Werk, Lizenz: CC BY-SA 3.0, Quellennachweis.
Bei diesem Wort denkt man automatisch an gewisse wurmartige Krankheitserreger, allerdings handelt es sich dabei um sehr spezielle Fälle. Man muss beachten, dass es etwa 20.000 Arten von Nematoden gibt, von denen der allergrößte Teil harmlos ist und sich von Bakterien, Algen, Pilzen oder Einzellern ernährt. Es sind aber auch Arten bekannt, die Pflanzen schädigen, indem sie deren Wurzeln oder Triebspitzen anfressen.
Nematoden kommen praktisch überall vor, im Wasser und in feuchter Erde. Nimmt man eine kleine Probe Erde aus dem Wald oder Blumenbeet, wird man mit einem Mikroskop in jeden Fall auch sehr kleine Fadenwürmer finden.
In Aquarien sind sie ebenfalls häufig, aber eher unauffällig. Winzige Würmchen an den Scheiben oder im Wasser werden oft für Nematoden gehalten, doch tatsächlich handelt es sich in vielen Fällen um Wenigborster-Ringelwürmer wie z.B. Öltröpfchenwürmer (Aeolosoma). Die Körperform der Fadenwürmer ist wurmartig und zugespitzt, der Körper ist nicht segmentiert (zum Vergleich: segmentiert sind Wenigborster wie der Öltröpfchenwurm), der Querschnitt ist rund. Während die größte Art, ein Parasit des Pottwals, über 8 Meter Länge erreichen kann, sind die Arten, die uns im Aquarium oder Blumentopf begegnen, nur 0,05 mm bis 10 cm lang. Nematoden sind generell weißlich oder transparent.
Die Fortbewegung findet schlängelnd statt; die aquatischen Nematoden schwimmen normalerweise nur im größten Notfall in der Wassersäule, wobei sie sehr schnelle schraubenartige Schwimmbewegungen ausführen. Ansonsten halten sie sich im Substrat auf oder auch mal an Aquarienscheiben, wenn diese einen dicken Biofilm aufweisen. Die Fische im Aquarium freuen sich über das Lebendfutter, falls sie mal einen Fadenwurm erwischen. Einige Arten können an Aquarienbewohnern parasitieren, dabei handelt es sich jeweils um unterschiedliche, speziell an ihren Wirt angepasste Arten, die aber in Aquarien insgesamt sehr selten sind.
Nematoden, Wenigborster und Planarien werden in Foren zu Themen wie "Würmer an der Scheibe" oft miteinander verwechselt, wenn genauere Informationen fehlen. Du möchtest dich genauer über schädliche Würmer wie Planarien erkundigen? Dann empfehlen wir dir unsere Artikel "Schädlinge im Aquarium" und "Planarien im Aquarium" in unserer Aquascaping Wiki.
Einige der wertvollsten Lebendfuttersorten für Fische gehören übrigens zu den Nematoden: So zum Beispiel die besonders für die Aufzucht von Jungfischen beliebten Mikrowürmchen und auch die Essigälchen.
Egel
Asiatischer Rüsselegel, Barbronia weberi
Diese Tiere können mehrere Zentimeter lang werden und zählen als Unterklasse Hirudinea zu den Ringelwürmern (Annelida). Egel sind recht leicht zu erkennen:
Am Hinterende ist ein auffälliger Saugnapf. Das Hinterende ist meistens dicker als das Vorderende mit der Mundöffnung, wo ein weiterer, kleinerer, unauffälliger Saugnapf ist. Der elastische, muskulöse Körper ist quergeringelt wie bei einem Regenwurm und oft mehr oder weniger abgeflacht. Die Tiere können sich stark zusammenziehen.
Egel erkennt man auch daran, dass sie sich beim Kriechen ähnlich wie eine Spannerraupe bewegen: sie strecken sich, heften sich mit dem vorderen Saugnapf fest, ziehen das Hinterende nach, saugen sich dann hinten fest usw. Sie können auch mit schnellen vertikalen Schlängelbewegungen durchs Wasser schwimmen.
Egel leben je nach Art räuberisch oder parasitisch von verschiedenen Tieren. Die weltweit rund 300 Arten leben vor allem im Süßwasser, aber auch im Brack- und Meerwasser; in feuchten Tropenwäldern gibt es sogar Landegel. In Aquarien treten mehrere kleinere Egelarten auf, von denen manche durchaus gefährlich für Aquarientiere werden können. Mit Blutegeln, die auch am Menschen Blut saugen, braucht man aber nicht zu rechnen. Über verschiedene Egel als Aquarienschädlinge informieren wir in unserem Artikel "Schädlinge im Aquarium" und "Egel im Aquarium".
Plattwürmer: nicht nur Planarien
Plathelminthes, Plattwürmer, sind eine sehr vielfältige Tiergruppe mit einfachem Körperbau.
Viele Plattwurm-Arten sind Parasiten wie Saugwürmer (Trematoden), Leberegel und Bandwürmer. Es gibt aber auch viele Gruppen von frei lebenden, nicht parasitischen, aber räuberischen Plattwürmern. Diese werden traditionell als Strudelwürmer (Turbellarien) zusammengefasst. Sie leben je nach Art im Meer, Süßwasser und auch in feuchten Landlebensräumen (Landplanarien).
Eine Planarie aus der Gattung Dugesia
Die bekannteste Strudelwurm-Gruppe und zugleich sehr unbeliebte "Aquariengäste" sind die Süßwasser-Planarien aus der Ordnung Tricladida, welche gefährlich vor allem für Garnelen und Schnecken im Aquarium sein können. Man erkennt sie unter anderem am stark abgeflachten, glatten (nicht quergeringelten), borstenlosen, bis etwa 2 cm langen Körper und der gleichmäßig gleitenden, schneckenartigen Fortbewegung. Oft sind es Arten aus der Gattung Dugesia; für diese sind das gut zu erkennende Augenpaar sowie ein dreieckiger Kopf typisch (siehe Foto oben). Die Farbgebung des Körpers variiert dabei von milchig-weiß über rosa bis rot-braun. Auf Planarien und ihre Bekämpfung gehen wir im Artikel "Schädlinge im Aquarium" und "Planarien im Aquarium" noch mehr ein.
Harmlose Plattwürmer: Scheibenwürmer / Rhabdocoela
Außer Planarien gibt es aber noch viele andere Strudelwürmer, die eher unbedenkliche Aquarien-Mitbewohner sind; eine Bekämpfung ist unnötig. Sie werden von Aquarianern oft "Scheibenwürmer" genannt; in der Regel sind sie viel kleiner und teilweise auch nicht so abgeflacht wie die Planarien. Sie zählen zu verschiedenen Plattwurm-Gruppen, überwiegend jedoch zu der Ordnung Rhabdocoela.
Macrostomum sp. Copyright by Tamara Stamm.
Rhabdocoela aus der Gattung Macrostomum zeigen sich als weißliche Würmer ohne besonders abgesetzten Kopf, mit hellen Organen (siehe Foto oben). Die Augen sind nur unter dem Mikroskop sichtbar.
"Scheibenwürmer" treten ganz überwiegend in der Einfahrphase gehäuft auf, solange das biologische System im Aquarium sich noch nicht im Gleichgewicht befindet. Später nimmt ihre Zahl erfahrungsgemäß vor allem dann ab, wenn im Aquarium nicht überfüttert wird. Fische fressen die Würmchen sehr gern (im Gegensatz zu Planarien, die in der Regel wegen ihres widerlichen Geschmacks verschmäht werden). Würmer der Gattung Macrostomum leben zwar auch räuberisch, sie stellen aber für Garnelen keine Gefahr dar. Einige Arten vergreifen sich jedoch durchaus auch einmal an Jungschnecken. An sich besteht aber kein Handlungsbedarf beim Auftreten von Einzeltieren. Bei einem Massenbefall mit "Scheibenwürmern" sollte sich der Aquarianer die Frage nach der Futtergabe stellen - eine Massenvermehrung findet nur statt, wenn die Würmer viel Futter finden.
Neben den weißlichen "Scheibenwürmern" gibt es in der Ordnung Rhabdocoela auch noch die rötlichen Würmer der Art Bothromesostoma personatum. Sie werden ebenfalls oft "Scheibenwürmer" genannt. Auch hier sieht man keinen abgesetzten Kopf, jedoch läuft der Wurm am Hinterende auffallend spitz zu. Die Farbe ähnelt in etwa der eines Regenwurms. Auch dieser "Scheibenwurm" ist für Garnelen, andere Krebstiere und Fische harmlos, ebenso wie für adulte Schnecken. Bothromesostoma personatum lebt ebenfalls räuberisch, ernährt sich aber wie Mesostoma sp. von Kleinstorganismen wie anderen Miniwürmern und Einzellern.