Selbstverständlich lassen sich in-vitro-Pflanzen auch in ihrer Überwasserform (emers) kultivieren. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass diese besonders kultivierten Pflanzen zu Beginn besonders vorsichtig behandelt werden sollten. Im folgenden Beitrag erklären wir euch, wie man auch in Vitro gezogene Aquarienpflanzen für ein Wabi-Kusa, Paludarium oder einen Dry Start verwenden kann.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Topfpflanzen, welche zumeist bereits als robuste und an das emerse Wachstum angepasste Ware aus den Gärtnereien kommen, müssten in-vitro-Pflanzen erst langsam akklimatisiert werden. Im Inneren der in-vitro-Becher beträgt die Luftfeuchtigkeit immer nahezu 100%, und es gibt keine nennenswerte Luftbewegung. Unter diesen Bedingungen wachsen die Pflanzen daher zierlich und bleiben klein und zart. Verstärkte Zellwände oder die Cuticula genannte Wachsschicht auf den Blattaußenseiten, die die Pflanzen unter normalen Bedingungen vor Witterungseinflüssen und Fressfeinden schützen, werden hier nur eingeschränkt ausgebildet. In trockener Raumluft würden in-vitro-Wasserpflanzen daher schnell vertrocknen. Beachtet man einige Punkte, so ist die emerse Kultur der meisten Pflanzenarten aus in-vitro-Kultur jedoch trotzdem gut möglich.
Dry Start
Dry Start nennt man die sogenannte Trockenstart-Methode. Sie ist eine spezielle Art, ein Aquarium oder Aquascape mit Wasserpflanzen zu bepflanzen. Zunächst wird das Aquarien-Layout wie gewohnt angefertigt, mit Bodengrund und Hardscape (Wurzeln und Steine). Anschließend wird das Layout bepflanzt.
Nach dem Bepflanzen wird nun der gesamte Inhalt des Aquariums üppig zum Beispiel mit einer Sprühflasche befeuchtet. Das Becken wird nun abschließend mit Frischhaltefolie oder einer anderen Abdeckung möglichst luftdicht verschlossen. Dies gewährleistet, dass die Luftfeuchtigkeit im Becken bleibt und nicht entweichen kann. Erst nach einigen Wochen, wenn sich die Wasserpflanzen gut entwickelt und auf dem Substrat ausgebreitet haben, wird das Aquarium mit Wasser befüllt. Mit diesem Vorgehen kann man sehr steile Substratanstiege realisieren, die ohne eine gute Durchwurzelung des Bodens in einem mit Wasser gefüllten Aquarium nicht so einfach möglich wären. Nähere Infos zu diesem Thema findest du in unserem Spezial-Artikel über den Dry Start.
In-vitro-Pflanzen sind für einen Dry Start grundsätzlich gut geeignet, da sich im abgedeckten Aquarium eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit einstellt und die Pflanzen sehr ähnliche Bedingungen wie in ihrem Becher wiederfinden. Die meisten Arten wachsen auch in vitro in ihrer emersen Form und müssen sich so kaum an neue Bedingungen anpassen.
Bei einem Dry Start mit in-vitro-Pflanzen erfolgt die physiologische Umstellung der Pflanzen von ihrer emersen zu ihrer submersen Form erst nach dem Fluten des Aquariums. Daher ist die Dauer des Dry Starts kein entscheidendes Kriterium für dessen Gelingen. Hierbei sollte man sich eher daran orientieren, ob alle Pflanzen vital sind beziehungsweise ob das Substrat bereits ausreichend bewachsen ist.
Lediglich im Zusammenhang mit eventuell auftretendem Schimmel- oder Bakterienwachstum ist Vorsicht geboten: Pflanzen aus in-vitro-Kultur sind nicht an Mikroorganismen gewöhnt, und ihr Immunsystem hat es unter Umständen schwer, sich gegen Pathogene zu verteidigen. Es ist daher generell zu empfehlen, solche potentiellen Probleme möglichst schnell zu beseitigen, um eine Ausbreitung im Aquarium und die Schädigung der Pflanzen zu vermeiden.
Wabi-Kusa
Der japanische Begriff “Wabi-Kusa” steht vereinfacht übersetzt für “schöne Graslandschaft” und wurde im Zusammenhang mit der Aquaristik von Takashi Amano bekannt gemacht. Im Prinzip ist ein Wabi-Kusa eine zu einem Ball geformte Soil-Portion, aus und auf der verschiedene Wasserpflanzen im emersen Zustand, sprich in ihrer Überwasserform, wachsen. Der japanische Aquariengestalter Takashi Amano nutze diese Produkte ursprünglich dafür, um vor allem große Aquarien auf sehr schnelle Art und Weise zu bepflanzen. Hier wurden die Wabi-Kusas einfach auf das Substrat gelegt und das Becken daraufhin mit Wasser befüllt. Aber man kann diese Pflanzenbälle auch hervorragend in dieser Form emers weiter pflegen. Dazu werden die Wabi-Kusas in eine hübsche Schale oder Vase aus Glas mit ein paar Fingerbreit Wasser gelegt und ausreichend beleuchtet. Mit etwas Achtsamkeit bezüglich der Luftfeuchtigkeit können die Aquarienpflanzen in diesem schönen Layout weiter wachsen.
Hat man ein Wabi-Kusa neu erschaffen, empfiehlt es sich, den bepflanzten Soilball in ein geeignetes Gefäß zu setzen und dieses in den ersten Wochen mit einer Frischhaltefolie luftdicht zu verschließen. Um einer Schimmelbildung vorzubeugen, sollte man den Behälter ab und zu kurz lüften. Nach der Umstellung der Pflanzen auf ihre neue Umgebung lässt sich die Luftfeuchtigkeit langsam reduzieren, indem man die Folie mit einigen Löchern versieht oder etappenweise öffnet. Zu guter Letzt kann diese ganz entfernt werden, weil sich die Wasserpflanzen so an die Raumluft anpassen konnten. Damit dennoch genügend Feuchtigkeit vorhanden ist, sollte in der Schale des Wabi-Kusa immer etwas Wasser stehen, und die Pflanzenkugel sollte regelmäßig mit Wasser besprüht werden.
Ein Wabi-Kusa mit in-vitro-Pflanzen ist grundsätzlich ebenfalls möglich. Aufgrund ihres gering ausgebildeten Schutzes gegen Umwelteinflüsse und Austrocknung benötigen Pflanzen aus in-vitro-Kultur für die Anpassung an die eher trockene Raumluft jedoch ähnlich lange wie submers gewachsene Pflanzen. Es empfiehlt sich daher, für diese Phase entsprechend mehr Zeit einzuplanen, das Wabi-Kusa besonders regelmäßig zu lüften und die Luftfeuchtigkeit durch Öffnen der Abdeckung nur sehr langsam zu reduzieren.
Hast du Lust bekommen auf ein Wabi-Kusa? Wir haben hier das Thema genauer beschrieben und bieten dir eine passende Anleitung dazu.