Viele Wasserpflanzen-Arten werden im Handel in verschiedenen Formen angeboten, und man steht oft vor der Frage, für welche Variante man sich jeweils entscheiden soll. Recht beliebt geworden sind in den letzten Jahren Pflanzen aus In Vitro-Kultur. Hier werden die Wasserpflanzen unter sterilen Labor-Bedingungen durch Gewebekultur vermehrt und kommen direkt in ihren Kulturbehältern (verdeckelten Plastikbechern) in den Handel.
Bei allen anderen, herkömmlichen Lieferformen sind die Pflanzen nicht steril. Eine klassische Variante ist das Erwerben von Aquarienpflanzen als Topfware. Die meisten Topfpflanzen stammen aus emerser Anzucht in den Gärtnereien, sie werden also über Wasser gehalten. Meistens wird Steinwolle als Substrat verwendet.
Auch unter Wasser gezogene Topfpflanzen kommen in den Handel, vor allem die Arten, die nur submers wachsen können. Submerse Pflanzen, vor allem Stängelpflanzen, sind auch als Bundware erhältlich, Schwimmpflanzen meist als Portion in Plastikdosen.
Ob In Vitro- oder Topfware - jede Lieferform hat für den Aquarianer ihre Vor- und Nachteile. Wir geben Euch hier einige Tipps zum Kauf von Aquarienpflanzen in der jeweils richtigen Form.
In Vitro
Wasserpflanzen aus In Vitro-Kultur bieten verschiedene Vorteile. Sie sind frei von Pestiziden und unerwünschten Fremdorganismen wie Parasiten, Krankheitserregern, Schnecken, Planarien, Insektenlarven, Algen und lästigen "Unkräutern" wie Wasserlinsen. Das umständliche Entfernen der Steinwolle entfällt. Und man erhält mit einer Portion durchaus eine große Anzahl an kleinen Einzelpflanzen. Aber rund um das Thema In Vitro-Pflanzen kursiert auch eine Menge unwahrer Gerüchte und Mythen. Wir möchten hier zunächst einige Sachen klarstellen:
"Die Pflanzen wachsen in den In Vitro-Behältern bereits submers."
Das ist natürlich falsch. In den Bechern befindet sich lediglich am Boden ein Gel-förmiges Nährmedium, darüber ist Luft. Die Wasserpflanzen wachsen ganz klar in ihrer emersen Form, wenn auch der Wuchs unter in Vitro-Bedingungen sehr eigentümlich ist. Aufgrund des begrenzten Raums, der Vermehrungsmethode (Anzucht aus kleinen Gewebestücken) und der speziellen Zusammensetzung des Nährmediums wachsen die In Vitro-Pflanzen in einer kleinen Form heran. Später im Aquarium entwickeln die Pflanzen ihre volle Größe und ihr art- oder sortentypisches Aussehen.
Gut zu erkennen: Die spezielle, kleinbleibende Wuchsform einer Rotala-Art unter In Vitro-Bedingungen.
Eine Ausnahme bilden jedoch einige Pflanzenarten, die man in den Behältern in flüssigem Nährmedium untergetaucht heranwachsen lässt, wie Potamogeton gayi und Fontinalis antipyretica. Diese Pflanzen sind tatsächlich bereits submers.
Potamogeton gayi in flüssigem Nährmedium.
"In Vitro-Pflanzen haben in ihren Bechern eine enorme Haltbarkeit."
Auch das ist so nicht richtig. In erster Linie hängt das Wuchsverhalten und die Haltbarkeit von der Art der Wasserpflanzen ab. Einige Pflanzenarten wie zum Beispiel Cryptocorynen oder Eleocharis sind durchaus lange, über mehrere Wochen, in den Behältern haltbar. Dies trifft aber vor allem auf schnellwüchsige Arten wie etwa Stängelpflanzen nicht zu. Bei längerer Standzeit können diese mitunter sogar so rasant wachsen, dass sich aufgrund der Pflanzenmasse der Deckel des Bechers öffnet. Auch kann es in üppig bewachsenen in Vitro-Bechern bald passieren, dass die unteren Blätter zu wenig Licht abbekommen und absterben. Dies mag zwar unschön aussehen, ist aber gerade bei Stängelpflanzen nicht weiter schlimm, da die gesunden Triebspitzen im Aquarium gut weiterwachsen. Auch müssen die Lagerbedingungen für In Vitro-Pflanzen passend sein. Bevorzugen sollte man eher moderates Licht und eine klimatisierte, eher kühle Lagerung der Cups.
"Die Farbe des Nährgels gibt Rückschlüsse auf eine Überlagerung von In Vitro-Pflanzen."
Auch das ist nicht korrekt. Zum einen verwenden die unterschiedlichen Hersteller auch verschieden gefärbte Nährmedien, zum anderen geben einige Pflanzenarten (z.B. Marsilea-Arten und Heteranthera zosterifolia) Stoffe ab, die das Gel umfärben.
"Die Konsistenz des Nährmediums zeigt eine Überlagerung von In Vitro-Bechern an."
Dies ist so nicht richtig. Die Beschaffenheit ist, ebenso wie die Farbe des Gels, vom Hersteller abhängig. So verwendet die Firma Tropica neuerdings ein Nährmedium, das kein festes Gel, sondern flüssig ist (wie oben schon erwähnt). Dies hat keinen negativen Effekt auf die Qualität. Ganz im Gegenteil: Man muss kein Gel von den Pflanzen entfernen, sondern kippt das Nährmedium einfach weg. Die Pflanzen lassen sich auf diese Weise schneller einsetzen. Weiterhin erlaubt das Flüssigmedium auch die In Vitro-Kultur von Pflanzenarten, die nur unter Wasser wachsen können - wie z.B. das schon erwähnte Potamogeton gayi.
"In Vitro-Pflanzen wachsen immer besser und schneller als Topfpflanzen."
Nein, eher das Gegenteil ist der Fall. Topfpflanzen haben es in der Eingewöhnungs- und Umstellungsphase im Aquarium aufgrund ihrer Robustheit und Größe deutlich einfacher als Pflanzen aus In Vitro-Kultur. Man muss sich auch klar machen, dass die zunächst keimfreien In Vitro-Pflanzen direkt in das keimreiche Aquarienmilieu gelangen und erst noch Abwehrkräfte entwickeln müssen.
"Ein starkes Wurzelwerk von In Vitro-Pflanzen gibt Rückschlüsse auf die Standzeit eines Bechers."
Das stimmt so nicht und ist, wie so oft, artenabhängig. Einige Pflanzenarten wurzeln in einer In Vitro-Kultur fast gar nicht, andere hingegen recht stark. Dies hat allerdings nichts mit der Lagerzeit eines in Vitro-Bechers zu tun.
"In Vitro-Pflanzen sind besonders gut für Wabi-Kusa oder Dry-Start verwendbar."
Nein, denn erfahrungsgemäß haben hier emerse Topfpflanzen doch den größeren Vorteil. Diese sind robuster und müssen sich deutlich weniger auf die neue Wuchssituation umstellen als Pflanzen aus in Vitro-Kultur. Für ein Wabi-Kusa oder einen Dry Start ist daher emerse Topfware vorzuziehen.
Topfware
Aquarienpflanzen im Topf sind, wie eingangs erwähnt, in der Regel durch die Gärtnerei emers kultivierte Pflanzen. Diese sind in einem speziellen Substrat verwurzelt, das in einem Plastik-Gittertopf steckt, und werden in der Gärtnerei mit einer Nährlösung versorgt. Das Substrat ist, wie schon erwähnt, meistens Steinwolle, es kann aber auch aus Kokosfasern bestehen. Es kann Rückstände von Düngemitteln, unter Umständen auch Algen oder Fremdpflanzen wie Wasserlinsen enthalten. Daher sollte man das Substrat vor dem Einsatz im Aquarium möglichst komplett entfernen (eine Anleitung dazu gibt es hier im Kapitel "Topfpflanzen").
Aber man kann gerade bei Bodendeckern die Steinwolle auch gezielt nutzen, um die Wasserpflanzen besser einpflanzen und verankern zu können (Dies wird hier im weiteren Verlauf des Kapitels "Topfpflanzen" beschrieben).
In seltenen Fällen können emerse Topfpflanzen kleine Tierchen mit sich führen, welche die Pflanzen während ihrer Zeit in der Gärtnerei bevölkert haben. Das können zum Beispiel kleine Nacktschnecken und Insekten wie Blattläuse, Mottenschildläuse und Thripse sein. Für den Einsatz im Aquarium stellt dies normalerweise kein Problem dar, da es Landtiere sind, die unter Wasser nicht überleben können oder sogar von den Fischen verspeist werden.
Auf emersen Topfpflanzen selbst sitzen zwar normalerweise keine Wassertiere wie Wasserschnecken oder Planarien, doch die Töpfe stehen während der Anzucht und Zwischenhälterung nass, so dass man solche "Mitreisenden" an den Töpfen und auf dem Substrat nicht ganz ausschließen kann. Erst recht nicht bei submersen Topfpflanzen wie Blyxa japonica oder Vallisnerien.
Emerse Topfpflanzen zeichnen sich vor allem durch ihre Robustheit aus. Ein wichtiges Kriterium ist außerdem die bereits vorhandene Wuchshöhe, denn in Töpfen gelieferte Pflanzen wie Farne, Anubien, Stängelpflanzen und Rosettenpflanzen wie Cryptocorynen und Echinodorus sind in Umfang und Länge in der Regel deutlich größer als In-Vitro-Pflanzen. Wenn solche Pflanzen im Hinter- oder Mittelgrund eines Aquariums hinter höheren Hardscape-Aufbauten gepflanzt werden, ist eine Wuchshöhe von bereits über 10 cm ein deutlicher Vorteil. Die Pflanzen können bereits deutlich besser das Licht erreichen und werden durch Steine oder Wurzeln nicht stark abgeschattet und dadurch im Wachstum gehemmt. Auch sind diese Pflanzen in ihrem Volumen bereits so üppig, dass sie ein Aquarium von Anfang an gut begrünen. Pflanzen in den In Vitro-Bechern sind dagegen nur wenige Zentimeter hoch und gering im Umfang.
Fazit
- Wer viel Wert auf ein steriles, sauberes Ambiente legt und keine Algensporen, Schnecken und Parasiten in der anfänglichen Bepflanzung seines Aquariums haben möchte, dem sei ganz klar die In Vitro-Variante empfohlen. Allerdings brauchen diese Pflanzen für ihre Wuchsumstellung im Aquarium meistens etwas länger.
- Gerade bei Bodendeckern wie Eleocharis oder Hemianthus callitrichoides "Cuba" ist eine In Vitro-Portion recht ergiebig und man erhält für sein Geld durchaus viele Pflanzen.
- Für den Kauf von Stängelpflanzen zur Hintergrundbepflanzung, sowie Aufsitzer- und Rosettenpflanzen für den Hinter- oder Mittelgrund, raten wir ganz klar zu der Lieferform als Topfware. Topfpflanzen sind wesentlich robuster, schneller in der Umstellung und haben bereits eine vorteilhafte Wuchshöhe. Allerdings sind gerade einige Raritäten unter den Stängelpflanzen oft nur als In Vitro-Ware erhältlich. Um das oben beschriebene Problem der Abschattung zu umgehen, lohnt es sich oft, diese Pflanzen im Aquarium gezielt in einem Plant Pod nahe der Wasseroberfläche heranzuziehen.
- Für die Gestaltung eines Wabi-Kusa oder die Anwendung der Dry Start-Methode ist, vor allem bei Stängelpflanzen, emerse Topfware deutlich im Vorteil.
- Wer kennt nicht das Problem, dass sich in einem neu gekauften Moos-Polster winzige Teile von Fremdpflanzen wie zum Beispiel anderen Moos-Arten befinden? Diese, wie etwa die wuchernde Riccia fluitans, können durchaus unerwünscht sein. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte man Moose in der In Vitro-Form kaufen.