Dieser Artikel wurde von Heiko Muth am 02.07.2013 im Flowgrow Aquascaping Network veröffentlicht.
Immer wieder einmal taucht in Foren die Frage nach dem Unterschied zwischen "Needle Leaf"- und "Narrow"-Javafarn auf. Aber diese zwei Namen werden im Aquarienhobby für mindestens drei verschiedene Microsorum pteropus-Formen verwendet.
Dieses Namens-Kuddelmuddel sorgt für widersprüchliche Informationen über die Unterschiede zwischen den schmalblättrigen Javafarnen. Es wird z.B. auch geschrieben, dass M. pteropus "Narrow und "Needle Leaf" eigentlich das Gleiche und sogar identisch mit M. pteropus "Philippine" seien.
© Heiko Muth (2009)
Die Unterscheidung von Javafarn-Formen ist oft unsicher, weil das Aussehen sehr von den Kulturbedingungen und vom Alter der Pflanzen abhängt. Ich habe drei unter anderem als "Narrow" bezeichnete Pflanzen einige Jahre lang sowohl emers als auch submers unter etwa gleichen Bedingungen kultiviert, deshalb bin ich mir sicher, dass sie sich konstant unterscheiden.
Wegen des Namenswirrwarrs um diese drei Javafarn-Formen stelle ich sie hier zunächst unter den „Arbeitsnamen“ Farn 1, Farn 2 und Farn 3 vor und mache dann Vorschläge für deren Bezeichnungen.
Es gibt in Kultur allerdings noch weitere etwas unterschiedliche Formen vom “Narrow“- und “Needle Leaf“-Typ. Microsorum pteropus ist eine polymorphe (formenreiche) Art mit unzähligen Varianten und fließenden Übergängen.
Farn 1: der echte "Needle Leaf"
Farn 1 - © Lukas („Jagahansi“) (2011)
Dieser extrem schmalblättrige Javafarn wird anscheinend ziemlich selten gepflegt. Er hat außer “Needle Leaf“ noch verschiedene andere Bezeichnungen bekommen. Anfangs war es unklar, zu welcher Art er gehört. Nach Christel Kasselmann (2005), die den Farn von Wim Tomey aus den Niederlanden bekommen hatte, ist er als Microsorum pteropus “narrow“, “angustifolius“ oder “schmalblättrig“ bekannt und seit ca. 1996 in Kultur. Sie identifizierte ihn als eine Form von Microsorum pteropus. Dennoch wird er oft immer noch als unbestimmte Microsorum-Art (M. sp. "Mini") weitergegeben. Von Hobbyisten in den Niederlanden wird er Microsorum brassii (ein Synonym von M. pteropus) genannt. Ich bin mir sicher, dass Farn 1 (wie auch Farn 2 und 3) zur Art M. pteropus gehört. Darauf und auf den Namen M. brassii komme ich weiter unten zurück. Ich bekam die Pflanze von Günter Oberjatzas (ohne Namen), Claus Christensen (unter der Bezeichnung “Rainer, very narrow“) und Christian Gäbler (als Microsorum sp. “Mini“). Über die Wildherkunft habe ich keine Informationen. Die Bezeichnung M. pteropus “Narrow“ wird auch für die Farne 2 und 3 verwendet, die sich von Farn 1 unterscheiden.
Farn 1 - © Heiko Muth (2007)
Die submersen Blätter sind nur etwa 3-5 mm breit und haben eine linealische Form. Sie haben an der Blattspreiten-Basis keine Lappen, anders als „normale“ großwüchsige Javafarne, die als alte Pflanzen oft dreilappige Blätter entwickeln. Über längere Zeit wurden die Blätter von Farn 1 in meinem Aquarium kaum länger als 10 cm. Nach über einem Jahr ungestörten Wachstums trieb er dann bis ca. 30 cm lange, aber nie über 5 mm breite Blätter.
Farn 1 - © Heiko Muth (2007)
Die Blattspreiten-Basis verschmälert sich allmählich in den kurzen Blattstiel. Die Blattspitze ist lang und dünn ausgezogen. Vereinzelt entwickeln sich Blätter mit ein- bis mehrfach gegabelter Spitze, ähnlich wie bei M. pteropus ’Windeløv’ (Bild 7).
Die Blätter haben teilweise einen dunkleren Grünton als andere Javafarn-Formen. Sie wirken oft etwas „knitterig“, unregelmäßig hin und her gebogen. Der Blattrand ist mehr oder weniger regelmäßig gewellt. Die Blatt-Mittelrippe ist ca. 0,5 mm dick. Wie auch bei den anderen Javafarnen ist die Mittelrippe unterseits mit Schuppen besetzt (bei Farnen „Spreuschuppen“ genannt), die oft ein dunkelbraunes Haarbüschel tragen. Bei Farn 1 (und Farn 2) fällt der Schuppenbesatz oft ziemlich auf und ist dunkel gefärbt. Auch auf den Seitennerven sitzen kleine Schuppen mit Haarbüscheln. Die Blattaderung ist im Vergleich mit anderen Javafarnen sehr einfach, sie besteht nur aus den bogenförmig miteinander verwachsenen Seitennerven und wenigen abzweigenden, kaum vernetzten feineren Nerven (Bild 9). Sporangienlager (Sori, Einzahl: der Sorus) sind ziemlich spärlich bei älteren, ausgewachsenen Pflanzen zu finden, haben eine rundliche Form und sind auf der Blattunterseite in einer unregelmäßigen Reihe parallel zur Mittelrippe angeordnet.
Farn 1 - © Heiko Muth (2007)
An den Blättern bilden sich eher selten Jungpflanzen. So wie bei anderen M. pteropus-Formen entwickeln sie sich am stärksten an abgetrennten älteren Blättern.
Farn 1, sehr schmal ausgezogene Blattspitze (Karos: 5x5 mm). © Heiko Muth (2007)
Farn 1, zweifach gegabelte Blattspitze. © Heiko Muth (2007)
Farn 1 wächst und vermehrt sich langsamer als andere M. pteropus-Formen. Im Alten Botanischen Garten Göttingen wuchs er emers schlechter als submers, während unter gleichen Bedingungen andere Javafarn-Varianten in der Landform problemlos und üppig wuchsen. Die wenigen emersen Blätter von Farn 1 waren kurz und verkrüppelt, zum Teil starben die Pflanzen ab. Auch Claus Christensen sagte mir, dass dieser Javafarn emers nicht gut wächst. Wahrscheinlich eignet er sich aus diesem Grund schlecht für die kommerzielle Vermehrung in Wasserpflanzengärtnereien und wird darum wohl weiterhin eher von anderen Aquarianern als im Fachhandel zu bekommen sein.
Seltsam ist bei diesem Farn auch, dass sich an der Blattmittelrippen-Unterseite von alten Blättern nicht selten Prothallien entwickeln, wie bereits Bertram Wallach (2008) erwähnt hat. Sie sind bandförmig, verzweigt und erinnern ein wenig an eine Riccardia-Art. Wenn man diese Thalli vom Blatt ablöst, wachsen sie selbstständig weiter, man kann sie wie ein Moos kultivieren.
Farn 1 - © Marcel Dykierek (2009)
Farn 1 - © Heiko Muth (2011)
Normalerweise keimen Farn-Gametophyten (Vorkeime, Prothallien) aus Sporen. In diesem Fall entwickeln sie sich jedoch als Auswüchse des Blattstielgewebes an der Basis der Spreuschuppen. Sie sind am Rand und auf der Unterseite mit braunen, haarförmigen Rhizoiden besetzt. Diese Rhizoiden sehen unter Vergrößerung so aus wie die Haare an den Spreuschuppen und an den Wurzeln des Javafarns.
Ein abgelöstes Blatt von Farn 1 lag mehrere Monate lang in meinem Aquarium herum, wuchs dabei an der Spitze stetig weiter und bildete viele Jungpflanzen und „Prothallien“.
© Heiko Muth (2008)
© Heiko Muth (2007)
Auffällig sind bei Farn 1 auch die im Vergleich zu „normalem“ Javafarn sehr kurzen Wurzeln. Die Rhizome werden etwa 1-2 mm dick. Die Abstände der Blätter am Rhizom sind ziemlich gering, dadurch bildet dieser Farn mit der Zeit kompakte Büsche.
Farn 2, die größere “Needle Leaf“-Version: Microsorum pteropus “Taiwan“
Farn 2 - © Tobias Coring (2010)
Mit Microsorum pteropus “Needle Leaf“ ist meistens nicht Farn 1 gemeint, sondern die Pflanze, die ich hier Farn 2 nenne. Sie scheint viel häufiger als Farn 1 kultiviert zu werden. Farn 2 wird oft auch M. pteropus “Narrow“ genannt, unter dieser Bezeichnung ist sie zum Beispiel in vielen Aquascapes von Takashi Amano zu sehen, aber sie unterscheidet sich von der Sorte M. pteropus ‘Narrow‘ von der Firma Tropica (weiter unten als Farn 3 vorgestellt). Claus Christensen nannte mir für Farn 2 die Bezeichnung Microsorum pteropus “Taiwan“. Es ist unklar, ob diese Pflanze eine Wildherkunft aus Taiwan ist oder von dort lediglich als kultivierte Pflanze importiert wurde.
© Heiko Muth (2009)
Farn 2 - © Heiko Muth (2011)
Farn 2 lässt sich wohl am besten als eine viel größer werdende Version von Farn 1 beschreiben. Die Blätter sind ebenfalls linealisch (bis sehr schmal-lanzettlich), kurz gestielt und haben einen regelmäßig gewellten Rand.
Merkmale von ausgewachsenen submersen Pflanzen:
- Blätter ca. 20-45 cm lang und über 5 mm, meistens 10-15 mm, manchmal bis 20 mm breit, Blattspreiten etwa 20-30mal so lang wie breit
- Abstand zwischen je zwei Seitennerven ca. 6-10 mm
- der Verbindungsnerv zwischen den Enden der Seitennerven nahe dem Blattrand ist weniger stark gekrümmt als bei Farn 3
- Blattmittelrippe auf halber Länge des Blatts ca. 1 mm dick, mehr oder weniger dicht mit dunkelbraunen Spreuschuppen besetzt
- Blattspreite verschmälert sich allmählich in den ca. 2-5 cm langen Blattstiel
- Blattspitze lang und dünn ausgezogen, manchmal gegabelt
- Rhizom ca. 2-2,5 mm dick
- Wurzeln meist bis 5 cm lang (relativ kurz, ähnlich Farn 1)
- Sori (Sporangienlager) oft eher spärlich (Bild 16)
Farn 2, submerses Blatt, Unterseite mit Sporangienlagern (Sori), darunter Millimeterskala. © Tobias Coring (2009)
Farn 2 wird auch irrtümlich M. pteropus ‘Philippine‘ genannt, wahrscheinlich weil die Blätter ziemlich stark bullös (gehämmert) sein können (wie auch bei Farn 3). Praktisch alle Javafarn-Formen haben jedoch mehr oder weniger bullöse Blätter. Beim echten M. pteropus ‘Philippine‘ von Tropica ist dies nur besonders stark ausgeprägt, auch die feineren Nerven zeichnen sich auf der Blattoberseite deutlich als Furchen ab, wodurch die Blätter geradezu runzelig aussehen. Außerdem haben die Blätter von ‘Philippine‘ eine breitere, stärker lanzettliche Form (Bild 24). Bei Farn 2 ist dagegen die feinere Nervatur auf der Blattoberseite wenig sichtbar und die Blattoberseite ziemlich glatt, nicht nur im Vergleich mit ‘Philippine‘, sondern auch mit Farn 3 und anderen Javafarn-Formen.
Links: Farn 2, rechts: Farn 1 - © Heiko Muth (2006)
Rhizom von Farn 2 - © Heiko Muth (2011)
Farn 2 wird im Aquarium unter gleichen Bedingungen nicht nur deutlich größer als Farn 1, sondern wächst und vermehrt sich auch schneller. Emers wächst er ebenso gut wie andere, „normale“ Javafarn-Formen. „Prothallien“ habe ich bei Farn 2 zwar noch nicht an den Blatt-Mittelrippen, dafür aber zwischen den Wurzeln gefunden. Ob sie sich aus Wurzelgewebe entwickelt hatten, weiß ich nicht. Die bandförmigen, verzweigten Thalli werden etwas größer als die von Farn 1. An ihnen entwickeln sich Sporophyten (die eigentlichen Farnpflanzen), die Farn 2 entsprechen.
Prothallien von Farn 2 - © Tobias Coring (2011)
Wenn Farn 2 gut wächst, kann er in kleinen Aquarien schnell zu groß werden. Farn 1 ist dagegen wie geschaffen für Nano- und Kleinaquarien. In großen Becken können die beiden unterschiedlich großen, aber sonst sehr ähnlichen “Needle Leaf“-Typen hintereinander eingesetzt werden, so dass sie die perspektivische Wirkung verstärken. In emerser Kultur werden die Blätter generell breiter, bis etwas über 2 cm, haben eine etwas mehr lanzettliche Form und entwickeln nicht so lang ausgezogene Spitzen wie unter Wasser.
Farn 3: Microsorum pteropus ‘Narrow‘ von Tropica
Farn 3
Dieser Farn wird von der Firma Tropica als Microsorum pteropus ‘Narrow’ (Nummer 008A) geführt. Er ist dem ebenfalls oft ‘Narrow’ genannten Farn 2 ähnlich, unterscheidet sich aber unter gleichen Bedingungen durch eher schmal-lanzettliche, weniger linealische Blattform, oft etwas heller grüne Farbe und längere Blattstiele, nicht so regelmäßig welligen Blattrand und weniger lang ausgezogene Blattspitzen. Bei einer emersen Pflanze aus dem Handel habe ich bis ca. 34 cm lange und 2,2 cm breite Blätter mit bis 13 cm langen Blattstielen gemessen. Submerse Blätter sind (wie bei Farn 2) allgemein schmaler und kürzer gestielt als emerse Blätter. Der Abstand zwischen je zwei Seitennerven beträgt ca. 5-7 mm. Der Verbindungsnerv zwischen den Seitennerven ist stärker gekrümmt als bei Farn 2.
Bei ausgewachsenen emersen Pflanzen können sich Blätter mit einem seitlichen Lappen auf einer oder beiden Seiten der Blattspreiten-Basis entwickeln - im Unterschied zu den Farnen 1 und 2, aber wie bei den „großen“ Javafarn-Formen.
Farn 3
Farn 3 - © Heiko Muth (2012)
Die Abstände zwischen den Seitennerven der Blätter sind meistens geringer (ca. 5-7 mm), und bei gleicher Blattbreite ist die Mittelrippe etwas schmaler (ca. 0,6 mm) als bei Farn 2 (ca. 1 mm). Der Spreuschuppenbesatz der Blatt-Mittelrippe ist meistens weniger auffällig. Insgesamt sieht die Pflanze „normalen“ Javafarn-Formen ähnlicher als den beiden Javafarnen vom “Needle Leaf“-Typ.
Farn 2, Farn 3
Farn 2, Farn 3
Farn 1, Farn 2, Farn 3 u. M. pteropus ‘Philippine‘
Es gibt in Kultur noch andere relativ kleine, schmalblättrige Javafarn-Formen unter verschiedenen Handelsnamen und mit oft unklaren Unterschieden, z.B.
Microsorum pteropus “Short Narrow Leaf“ oder M. pteropus „Serpentifolia“. Anfang der 1990er Jahre hatte ich in Berlin eine Pflanze als sehr kleinwüchsige neue Javafarn-Form bekommen, emers wurde sie aber bis über 40 cm hoch und entwickelte teilweise dreilappige Blätter sowie lange, dünne Rhizome mit relativ weiten Blattabständen. Sie sieht M. pteropus ‚Narrow‘ ähnlich, wird aber insgesamt etwas größer und breitblättriger. Eine ähnliche Form wird “Rot, schmal“ oder “Orange“ genannt, bei ihr sind die jungen, noch wachsenden Blätter rötlich gefärbt wie bei der großen, breitblättrigen M. pteropus-Sorte ‘Red‘, und die relativ dünnen Rhizome wachsen submers eher aufsteigend als kriechend. Ebenso gibt es kleinwüchsige Javafarne mit relativ breiten Blättern als auch groß werdende, kräftige Formen mit dickem Rhizom, aber sehr langgezogenen, schmalen Blättern.
Wirklich nur Microsorum pteropus, oder doch verschiedene Arten?
Wie schon erwähnt, wird der kleine “Needle Leaf“-Typ, Farn 1, im Hobby unter anderem als unbestimmte Microsorum-Art (Microsorum sp.) und auch als Microsorum brassii bezeichnet. Der Name Microsorum brassii Copeland wird von H. P. Nooteboom (1997) als Synonym von M. pteropus (Blume) Copeland behandelt. Die als M. brassii beschriebene Pflanze wurde in Papua-Neuguinea gefunden, ist relativ klein und hat ungeteilte, schmal lanzettliche, ca. 1 cm breite und 20 cm lange Blätter. Ein Foto vom Typus-Herbarbeleg von M. brassii (Brass 1153) ist online zu finden:
http://calphotos.berkeley.edu/cgi/img_query?enlarge=3333+3333+1007+0912, http://plants.jstor.org/specimen/mich1190754
Christel Kasselmann (2005) hat entsprechende Pflanzen am Naturstandort in Papua-Neuguinea fotografiert. Kleine, schmalblättrige M. pteropus-Formen sind nicht nur in Papua-Neuguinea, sondern allgemein im tropischen Asien weit verbreitet und kommen manchmal auch zusammen mit größeren, breitblättrigeren Formen vor (Hovenkamp & al. (1998), Kasselmann (2005)). Sie sind auch unter weiteren Namen beschrieben worden (z.B. Microsorum pteropus var. minor (Beddome) C. Christensen & Tardieu), die nach Nooteboom ebenfalls Synonyme von M. pteropus sind. Der Typus-Beleg von Microsorum brassii hat stärker lanzettliche, breitere Blätter als Farn 1 und dadurch mehr Ähnlichkeit z.B. mit Farn 3. Die Farne 1 und 2 entsprechen mit ihren bandförmigen Blättern eher dem Typus von Polypodium zosteriforme Wall. ex Mett. (Myanmar: Tenasserim, http://plants.jstor.org/specimen/bm001038395), ebenfalls ein Synonym von Microsorum pteropus. Deshalb ist es nicht sinnvoll, Farn 1 und auch andere Javafarn-Formen Microsorum brassii zu nennen.
Weil sich Farn 1 so auffällig von „normalem“ Javafarn unterscheidet, könnte man bezweifeln, dass er zu Microsorum pteropus zählt. Christel Kasselmann (2005) hat ihn anhand der Anordnung und Beschaffenheit der Sporangienlager (Sori) und der Blattgewebe-Struktur als M. pteropus identifiziert. Für diese Artzugehörigkeit sprechen noch weitere Merkmale.
Zur Gattung Microsorum werden viele Arten gezählt, wobei es sehr verschiedene Ansichten zur Artenzahl gibt. Die Microsorum-Arten gehören zu den Tüpfelfarngewächsen (Polypodiaceae) und bilden innerhalb dieser Familie zusammen mit eng verwandten Gattungen wie Belvisia, Lecanopteris, Lepisorus oder Leptochilus eine Verwandtschaftsgruppe: die Microsoroiden Farne. Nebenbei bemerkt kann es Änderungen bei den Gattungszuordnungen geben. Zum Beispiel hat sich herausgestellt, dass M. pteropus enger mit Leptochilus-Arten als mit anderen Microsorum-Arten verwandt ist (Kreier & al. 2008).
Die meisten Arten der Microsoroiden Farne kommen in tropischen Wäldern als Aufsitzerpflanzen (Epiphyten) auf Bäumen, aber auch auf Gestein oder Erde vor. M. pteropus stellt in dieser Verwandtschaftsgruppe als Wasserpflanze eine Ausnahme dar. Die Art wächst in der Natur zwar meistens nur periodisch überflutet an und in Fließgewässern, an manchen Orten aber auch ständig unter Wasser. Einige Leptochilus-Arten besiedeln zwar ebenfalls als Rheophyten (überflutungstolerante und strömungsangepasste Pflanzen) Bach- und Flussufer, können aber wohl nicht als Wasserpflanzen gelten.
Die Microsoroiden Farne sind an einer bestimmten Kombination von Merkmalen zu erkennen, unter anderem netznervige Blätter und Merkmale der Spreuschuppen an den Rhizomen (so genannte peltate oder pseudopeltate, clathrate Schuppen).
Nooteboom (1997) und Bosman (1991) beschreiben M. pteropus (bei Bosman Colysis pteropus) als extrem variable Art, akzeptieren aber keine Unterarten oder Varietäten. Es gibt zwischen den M. pteropus-Formen in der Natur offenbar so viele Übergänge, dass sich keine Gruppen innerhalb der Art sinnvoll abgrenzen lassen. Laut den Beschreibungen können die Blätter Seitenlappen haben oder einfach (ungeteilt) sein, 3,5-30 cm lang und 2-55 mm breit werden.
Bei Microsorum pteropus bilden sich Jungpflanzen an den Blättern (proliferierende Blätter). Sie entwickeln sich auf der Blattunterseite, oft an den Stellen, wo sonst die Sporangienlager sitzen. Unter den Microsoroiden Farnen ist dies nur von M. pteropus bekannt. Proliferierende Blätter gibt es sonst auch bei vielen anderen Farnen, die aber nicht näher verwandt sind und nicht zu den Microsoroiden zählen. Zum Beispiel entwickeln sich bei Bolbitis heteroclita Jungpflanzen auf der Blatt-Oberseite, im Unterschied zum Javafarn.
Für Farn 1 ergibt sich daraus:
- Die Nervatur- und Schuppenmerkmale von Farn 1 passen zu den Microsoroiden Farnen.
- Mit den Bestimmungsschlüsseln der Microsoroiden Farne von Nooteboom und Bosman lässt sich Farn 1 als M. pteropus bestimmen und fällt in die angegebene Variationsbreite der Art.
- Über die natürlichen Standorte von Farn 1 ist zwar nichts bekannt, aber er ist sicherlich eine aquatische Pflanze, weil er in Kultur unter Wasser sogar besser als emers wächst.
- Wie für M. pteropus typisch, bildet Farn 1 Jungpflanzen auf der Blattunterseite.
Die Art M. pteropus ist normalerweise am einfachsten an ihrem Nervaturmuster zu erkennen: die von der Mittelrippe abzweigenden Seitennerven gabeln sich nahe dem Blattrand auf, sind bogenförmig miteinander verbunden und bilden dadurch eine Reihe von großen Maschen, die ein feineres Nervennetz einschließen. Zwischen den großen Maschen und dem Blattrand liegen kleinere Maschen. Die Sori (Sporangienlager) befinden sich nur innerhalb der großen Maschen und sind verstreut oder in 1-2 unregelmäßigen Reihen zwischen den Seitennerven angeordnet (Bild 25).
M. pteropus ‚Red‘ (emers). © Heiko Muth (2009)
Leptochilus sp. - © Heiko Muth (2010)
Dieses Muster ist noch gut bei den Farnen 2 und 3 zu erkennen (Bild 23), aber kaum bei der sehr einfachen Nervatur von Farn 1. Laut „Flora Malesiana” (Hovenkamp et al. 1998) lassen sich jedoch schmalblättrige rheophytischeFormen von M. pteropus von anderen ähnlich aussehenden Farnarten am besten durch die dicht mit Spreuschuppen besetzte Blatt-Mittelrippe unterscheiden. Dies trifft auf Farn 1 zu. Bei vielen anderen Microsoroiden Farnen, z.B. Leptochilus-Arten (Bild 26), ist die Mittelrippen-Unterseite eher kahl oder spärlich mit Schuppen besetzt.
Wie heißen sie nun richtig?
Die Farne 1, 2 und 3 gehören trotz ihrer Unterschiede zu der einen variablen Art Microsorum pteropus, und zur Benennung unterschiedlicher Formen stehen keine akzeptierten wissenschaftlichen Namen zur Verfügung. Bei kultivierten Pflanzen möchte man jedoch feine Unterschiede machen und braucht eigene Namen auch für Formen, die sich unter gleichen Bedingungen nur leicht voneinander unterscheiden. In solchen Fällen können an den akzeptierten botanischen Namen Hilfsbezeichnungen in doppelten Anführungszeichen gehängt werden. Falls die Pflanzen als Sorten (Cultivare) beschrieben wurden, können sie durch Sortennamen in einfachen Anführungszeichen unterschieden werden. Ich konnte nicht herausfinden, wer wann zuerst die Bezeichnung “Needle Leaf“ aufgebracht hat, und ob ursprünglich Farn 1, Farn 2 oder vielleicht noch eine weitere ähnliche Javafarn-Form gemeint war, die ich nicht kenne. “Needle Leaf“ passt aber sicher am besten zum extrem schmalblättrigen Farn 1, darum schlage ich hier vor, nur diesen so zu nennen. Zur Unterscheidung von Farn 1 und 3 bezeichne ich Farn 2 hier als M. pteropus “Taiwan“, obwohl diese Hilfsbezeichnung bisher wenig verwendet wird und es unklar ist, ob diese M. pteropus-Form ursprünglich aus Taiwan stammt.
Für Farn 3 gibt es bereits den Sortennamen M. pteropus ‘Narrow‘, und die von der Firma Tropica so gelabelten Pflanzen sind offenbar einheitlich.
Hier eine Übersicht über die drei vorgestellten Javafarn-Formen und ihre Bezeichnungen:
Farn 1
bisherige Bezeichnungen:
Microsorum sp. “Mini”, M. brassii, M. pteropus “Needle Leaf”, “angustifolius”, “schmalblättrig”, “Narrow”
Kurzbeschreibung:
Blätter linealisch, einschließlich Stiel ca. 10-30 cm lang und 3-5 mm breit, Rand ziemlich regelmäßig gewellt, Blattspitze gelegentlich gegabelt, Blatt sonst ohne Lappen.
Mein Vorschlag für die Bezeichnung:
Microsorum pteropus “Needle Leaf"”
Farn 2
bisherige Bezeichnungen:
Microsorum pteropus “Needle Leaf”, “Narrow”, “Taiwan”
Kurzbeschreibung:
Blätter linealisch bis sehr schmal lanzettlich, einschließlich Stiel bis ca. 40 cm lang und 2 cm breit (Längen-Breiten-Verhältnis etwa 20-30),Abstand zwischen je 2 Seitennerven ca. 6-10 mm, Blattrand ziemlich regelmäßig gewellt, Blattspitze gelegentlich gegabelt, Blatt sonst ohne Lappen.
Mein Vorschlag für die Bezeichnung:
Microsorum pteropus “Taiwan”
Farn 3
bisherige Bezeichnungen:
Microsorum pteropus ‘Narrow’ (als Sorte (Cultivar) benannt, Firma Tropica)
Kurzbeschreibung:
Blätter schmal lanzettlich, einschließlich Stiel bis ca. 34 cm lang und 2 cm breit (Längen-Breiten-Verhältnis bis ca. 15), Abstand zwischen je 2 Seitennerven ca. 5-7 mm, Blattrand wenig und unregelmäßig gewellt, bei ausgewachsenen emersen Pflanzen manchmal 1 Lappen an einer oder beiden Seiten der Blattspreitenbasis.
Mein Vorschlag für die Bezeichnung:
Microsorum pteropus ‘Narrow’
Für Informationen und teilweise auch Pflanzen und Fotos danke ich Claus Christensen, Tobias Coring, Marcel Dykierek, Christian Gäbler, Claudia Hary, Stephan Karlick, Christel Kasselmann, Hans-Peter Kreier, Lukas („Jagahansi“), Günter Oberjatzas, Anja Richter, Michael Schwerdtfeger und Bertram Wallach.
Literatur
- Bosman, M.T.M. (1991): A monograph of the ferngenus Microsorum (Polypodiaceae): including an attempt towards a reconstruction of the phylogenetic history of the microsoroids. Leiden botanical series volume 14. Rijksherbarium/HortusBotanicus, Leiden
- Hovenkamp et al. (1998): Polypodiaceae. Flora Malesiana II 3: 1–234
- Kasselmann, Christel (2005): Ein polymorpher Farn: Neue Wuchsformen des Javafarns. DATZ 10/2005: 18-23
- Kasselmann, Christel (2010): Aquarienpflanzen. 3. Auflage. DATZ Aquarienbuch, Ulmer Verlag
- Kreier, H.-P.,Zhang, X.-Ch., Muth, H. & Schneider, H. (2008): The microsoroid ferns: Inferring the relationships of a highly diverse lineage of Paleotropical epiphytic ferns (Polypodiaceae, Polypodiopsida). Molecular Phylogenetics and Evolution 48(3):1155-67
- Nooteboom, H. P. (1997): The Microsoroid Ferns (Polypodiaceae). Blumea 42(2): 261-395
- Wallach, Bertram (2008): Moose und moosähnliche Pflanzen für das Aquarium. Aquarium live, Heft 2 (Febr./März) 2008, S. 36-43
- http://calphotos.berkeley.edu/
- http://www.tropica.com/dk/planter/plantebeskrivelse.aspx?pid=008A
- http://plants.jstor.org/specimen/bm001038396
- http://plants.jstor.org/specimen/mich1190754