Pogostemon deccanensis, die Indische Sternpflanze
Warum sie nicht mehr Pogostemon erectus genannt wird

Geschrieben von Heiko Muth am 30. 07. 2024

Seit über zehn Jahren ist die Indische Sternpflanze im Aquarienhobby unter dem Namen Pogostemon erectus bekannt und beliebt. Die Gärtnereien Dennerle (Deutschland) und Tropica (Dänemark) labeln diese Aquarienpflanze aber in letzter Zeit als Pogostemon deccanensis. Was steckt dahinter? Und was ist mit dem deutlich anders aussehenden „Pogostemon deccanensis", das schon seit längerem als In-Vitro-Pflanze erhältlich ist?

Angebliche Rotala verticillaris entpuppt sich als Pogostemon

Wie viele Aquarienpflanzen war auch die Indische Sternpflanze zuerst unter einem irrtümlichen Namen in den Handel gekommen: Rotala verticillaris. In den 2000er Jahren brachten Aquarianer in den USA die Pflanze in emerser Kultur zum Blühen und stellten fest, dass sie mit ihren prächtigen kerzenartigen Blütenständen nicht zu Rotala, sondern zur Gattung Pogostemon passt. Cavan Allen (USA) teilte 2009 auf der Seite aquaticplantcentral.com mit, dass es sich um Pogostemon erectus handelt. Er erwähnte in diesem Zusammenhang, dass in dem Buch "Aquatic and Wetland Plants of India" (Cook 1996) Pogostemon deccanensis als ein Synonym von P. erectus (in der Schreibweise "Pogostemon erectum") aufgeführt ist. Unter dem Namen P. erectus verbreitete sich die Pflanze um 2010 weltweit im Aquarienhobby und -handel.

Rotala verticillaris ist nicht etwa ein Synonym von Pogostemon erectus, sondern eine in Indien und Sri Lanka heimische Rotala-Art. Mir ist nicht klar, ob auch diese Pflanze schon einmal in Aquarien gehalten wurde oder nur der Name durch falsche Bestimmung in die Aquaristik kam. Sie wird als eine Pflanze mit sehr schmalen, quirlständigen Blättern beschrieben, wie man es von Rotala wallichii, aber auch verschiedenen Pogostemon-Arten kennt. Letztere haben jedoch deutlich andere Blüten und gehören auch zu einer anderen Pflanzenfamilie (Lippenblütler, Lamiaceae; Rotala: Blutweiderichgewächse, Lythraceae).

Rotala verticillaris ist übrigens die Typus-Art der Gattung Rotala. Weil ihre Blattquirle an die Speichen eines Wagenrads erinnern, hat der Erstbeschreiber Carl von Linné 1771 den Gattungsnamen Rotála vergeben, was auf lateinisch so viel wie "die Rad-artige" heißt (rota = Rad). Doch zurück zur Indischen Sternpflanze und dem Namen Pogostemon deccanensis.

Pogostemon erectus und P. deccanensis: Zwei ähnliche Arten aus Süd-Indien

Christel Kasselmann (Deutschland) und Karen Randall (USA) besuchten im November 2014 in den Bundesstaaten Kerala und Karnataka im Südwesten von Indien bekannte Standorte von Pogostemon erectus. Sie sammelten einige Exemplare, von denen sie einen Teil herbarisierten und einen anderen für Kulturversuche lebend mitnahmen. Die Aquarienkultur der Pflanzen gelang jedoch nicht, anders als mit "P. erectus" aus dem Aquarienpflanzenhandel. Später untersuchte C. Kasselmann blühende Pflanzen von letzterem, die Manuel Sauer (Deutschland) ihr zugesandt hatte, und verglich sie mit den P. erectus-Herbarbelegen aus Indien. Sie kam zu dem Schluss, dass es sich bei "P. erectus" aus dem Handel um Pogostemon deccanensis handelt. Dies publizierte sie in der Zeitschrift DATZ (Kasselmann 2019).

Wie oben erwähnt, sieht Cook (1996) diesen Namen als Synonym von P. erectus an. C. Kasselmanns Untersuchungen basieren jedoch auf der später veröffentlichten Monographie der Gattung Pogostemon von Bhatti & Ingrouille (1997), in der P. deccanensis und P. erectus als eigenständige Arten beschrieben werden. Der untersuchte "P. erectus" aus dem Handel entspricht in seinen Merkmalen der Artbeschreibung von P. deccanensis und die in Indien gesammelte Pflanze der von P. erectus.

Pogostemon deccanensis (Panigrahi) Press (1982), benannt nach dem Dekkan-Plateau in Indien, ist demnach der korrekte botanische Name für die Indische Sternpflanze aus der Aquaristik, die somit auch Dekkan-Sternpflanze genannt werden kann. Diese Art ist wie Pogostemon erectus (Dalzell) Kuntze (1891) in Feuchtgebieten des südwestlichen Indiens heimisch.

Ausführliches ist im besagten DATZ-Artikel (Kasselmann 2019) nachzulesen, wo auch die kleinen Unterschiede zwischen beiden Arten genau angegeben sind. Sie betreffen in erster Linie Blüten- und Fruchtmerkmale: Länge der Blütenähren, Form und Behaarung des Blütenkelchs, Größe von Details der Blütenkrone, Länge und Behaarung der Staubfäden sowie Form und Größe der Früchte (Nüsschen). Die submersen Blätter von Pogostemon erectus sind mit 1,5 bis 2 cm deutlich kürzer als bei P. deccanensis, wo sie 2 bis 4,6 cm lang sind.

Pogostemon erectus

Blühender emerser Pogostemon deccanensis.

"Pogostemon deccanensis" von ADA: echter P. erectus?

Verwirrenderweise ist aber schon seit längerem eine andere Pflanze unter der Bezeichnung "Pogostemon deccanensis" in Kultur. Sie kam vor Jahren als In-vitro-Pflanze über die Firma ADA in den weltweiten Handel. Im Vergleich zu der als P. deccanensis identifizierten Wasserpflanze wächst sie im Aquarium langsamer und hat höhere Ansprüche an Lichtintensität, Nährstoff- und CO2-Versorgung. Die nadelartigen Unterwasserblätter bleiben deutlich kürzer als die von P. deccanensis.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass es sich bei dieser rätselhaften Pflanze um Pogostemon erectus im Sinne von Bhatti & Ingrouille (1997) handelt! Dies könnte aber nur anhand von blühenden Exemplaren in der Landform nachgeprüft werden, zumal es noch eine Anzahl von weiteren aquatischen Pogostemon-Arten gibt, die vor allem an Blütendetails unterschieden werden.

Wir nennen die Pflanze von ADA vorläufig Pogostemon cf. deccanensis, um sie vom echten P. deccanensis zu unterscheiden.

Pogostemon cf. deccanensis

Pogostemon cf. deccanensis, In-Vitro-Pflanze.

Schlussbemerkungen

Leider kommt es immer wieder einmal zu Namensänderungen bei Aquarienpflanzen. Dafür kann es verschiedene Gründe geben, etwa geänderte Klassifizierungen oder Korrektur von fehlerhaften Bestimmungen. Die erste Bestimmung der Indischen Sternpflanze basierte auf einer Publikation (Cook 1996), in der P. deccanensis nicht als eigenständige Art gilt, und konnte somit nur Pogostemon erectus ergeben. Die Merkmale der untersuchten Pflanzen passen jedoch zu den jeweiligen Artbeschreibungen in der später veröffentlichten Pogostemon-Monographie von Bhatti & Ingrouille (1997), es macht also Sinn, die bisher "Pogostemon erectus" genannte Aquarienpflanze als Pogostemon deccanensis zu bezeichnen.

Mit diesem Namen ist es in der Aquaristik aber noch einmal besonders verwirrend wegen des "Pogostemon deccanensis" von ADA (vorläufig Pogostemon cf. deccanensis), der sicherlich falsch benannt ist und witzigerweise echter Pogostemon erectus sein könnte. Wie gesagt müsste die Artzugehörigkeit dieser Pflanze noch anhand ihrer Blüten nachgeprüft werden.

Pogostemon erectus

Submerser Trieb von Pogostemon deccanensis.

Quellen

Allen, C. (15. Dez. 2008): Rotala verticillaris? Nope! Aquatic Plant Central (APC)
https://www.aquaticplantcentral.com/threads/rotala-verticillaris-nope.58042/

Bhatti, G.R. & Ingrouille, M. (1997): Systematics of Pogostemon (Labiatae). Bull. Nat. Hist. Mus. (Bot.) 27: 77–147.

Cook, C.D.K. (1996): Aquatic and Wetland Plants of India. A reference book and identification manual fort he vascular plants found in permanent or seasonal fresh water in the subcontinent of India south of the Himalayas. Oxford University Press (1996): 224.

Kasselmann, C. (2019): Pogostemon deccanensis oder erectus. Welche Art pflegen wir? DATZ 72 (1/2019): 42-47.