Wer kennt das nicht, da kauft man sich eine Menge frischer Wasserpflanzen, bepflanzt damit mit viel Hingabe sein neu eingerichtetes Aquarium und schon nach wenigen Tagen verlieren diese ihre Blätter oder es zerfallen gar ganze Pflanzenteile. Viele Kunden von uns berichten von "Problemen" mit Aquarienpflanzen in der Einfahrphase ihres Aquariums. Welche Prozesse eine Wasserpflanze in dieser Phase durchläuft und warum gewisse Umstellungskonflikte normal sind, erklären wir in diesem Beitrag.
Was ist überhaupt die Einfahrphase?
Mit der sogenannten Einfahrphase ist der zeitliche Rahmen gemeint, den ein neu eingerichtetes Aquarium beziehungswiese, das sich darin entwickelte Ökosystem benötigt, um für stabile Verhältnisse zu sorgen. Wichtige Bakterienkulturen, welche für den Schadstoffabbau im Sinne des Stickstoffkreislaufes nötig sind, sind zu Beginn gar nicht vorhanden und müssen sich erst entwickeln. Dies dauert eine gewisse Zeit (meist ein paar Wochen) und die Einfahrphase ist geprägt durch gewisse Spitzen von fischgiftigen Substanzen wie Ammoniak und Nitrit. Man spricht hier auch von einem Nitrit-Peak oder Ammonium-Peak. Diese kommen dadurch zustande, dass gewisse Mikroorganismen, die am Stickstoffkreislauf beteiligt sind, noch nicht genügend vorhanden sind, um eben diese Schadstoffe abzubauen. Genauere Informationen zu diesem Thema erfährst du in unserem Artikel "Stickstoffkreislauf im Aquarium".
Neben dem Bakterienhaushalt im Bereich des Stickstoffkreislaufes müssen sich aber auch weitere Mikroorganismen in der Einfahrphase erst einmal sortieren, um zu einem gewissen Gleichgewicht zu kommen. Dazu gehören zum Beispiel auch Biofilme und Algen. Ein Algenaufkommen in der Einfahrphase ist daher als vollkommen normal anzusehen. Oft entstehen nach etwa zwei bis drei Wochen die ersten Kieselalgen, die dann wenig später von Grünalgen verdrängt werden (Weitere Informationen zu diesem Thema findest du hier).
Hat der Aquarianer Wurzeln verwendet, sind diese mitunter von schleimigen Belägen befallen. Hierbei handelt es sich ebenfalls um Mikroorganismen, die zwar unschön aussehen, allerdings in der Regel wieder von selbst verschwinden. Wirbellose wie Schnecken und Garnelen fressen diesen Wurzelschleim zudem sehr gerne. In Bezug auf sich auflösende Wasserpflanzen sollte man jedoch Acht geben, dass dieser Schleim nicht auf Wasserpflanzen in unmittelbarer Nähe überspringt. Hier hilft oft ein einfaches Absaugen der Beläge mit einem Schlauch. Weitere Details zum Thema "Wurzelschleim" findest du in diesem Beitrag.
Typische Verhaltensmuster von Wasserpflanzen in der Einfahrphase
Da die Einfahrphase in Bezug auf das komplette Ökosystem im Aquarium noch in erster Linie von Instabilität geprägt ist, sind gewisse Umstellungsprobleme bei den Pflanzen keine Seltenheit. Es kann hierbei zum Blattverlust, matschig werdenden Pflanzenteilen bis gar zum Totalverlust kommen. Das hierbei jedoch eine schlechte Pflanzenqualität die Ursache ist, kann in den meisten Fällen eher ausgeschlossen werden. Ferner spielen andere Dinge eine einflussreichere Rolle. Auch sollte man nicht unerwähnt lassen, dass gewisse Pflanzen-Arten hierfür anfälliger sind als andere. Eine Übersicht über besonders empfindliche Pflanzen haben wir in diesem Artikel mal genauer zusammengefasst.
Ebenso ausschlaggebend kann die Kulturform der Aquarienpflanze sein. So sind hier emerse Topfpflanzen wesentlich robuster als zum Beispiel in-vitro-Pflanzen. Letztere wurden unter sterilen Bedingungen herangezogen und befinden sich im Aquarium nun einem Keimdruck ausgesetzt, der vorher nicht vorhanden war. Folglich ist dies eine enorme Belastung für die Pflanze. Die Vor- und Nachteile von Topfware und in-vitro-Pflanzen haben wir in diesem Artikel genauer zusammengefasst.
Der größte Kraftakt für die Pflanzen im Aquarium ist jedoch die Umstellung der Wuchsform von emers auf submers.
Submers und emers
Grundsätzlich sind die meisten Wasserpflanzen gar keine reinen Wasserpflanzen, die nur eine Unterwasserform (submers) besitzen. Eher sind es sogenannte Sumpfpflanzen, die sich auch an Bedingungen mit einer Wuchsform über Wasser (emers) an die Gegebenheiten anpassen können. Grundsätzlich sind fast alle Pflanzen der Verkaufsform "Topf", aber auch die meisten in-vitro-Wasserpflanzen noch in einer emersen Form, da sie in den Gärtnereien in der Regel über Wasser kultiviert werden. Setzt man die Pflanzen im emersen Zustand dann in ein Aquarium, müssen diese sich erst im Laufe einiger Tage oder Wochen auf den submersen Wuchs umstellen. Vor allem die Blätter ändern sich hierbei mitunter deutlich in Form und Farbe. Oft passiert es hierbei, dass die Pflanze ihre nun unnützen emersen Blätter sehr schnell verliert. Dabei wird die meiste Energie daher in den Neuaustrieb von submersem Blattwerk und der Wurzelausbildung gesteckt. Insofern ist ein Blattverlust in der Anfangszeit überhaupt kein Problem und die entsprechenden Pflanzen sollten auf keinen Fall aufgeben oder gar direkt weggeschmissen werden. Solange nämlich die Stängel oder der Wurzelstock (Rhizom) noch intakt und fest sind, hat die Wasserpflanze gute Möglichkeiten, wieder schönes gesunde Triebe zu entwickeln.
Der Wurzelstock, das Rhizom, ist bei diesem Farn der mittlere Bereich innerhalb der roten Linien.
Dem Aquarianer fällt dann lediglich die Rolle zu, für möglichst ideale Wuchsbedingungen zu sorgen. Dazu gehören neben genügend Licht eine CO2-Versorgung und die Ernährung mit Mikro- und Makronährstoffen über entsprechende Flüssigdünger.
Übersäuerung
In Pflanzenaquarien mit Soilböden kann auch eine Übersäuerung die Ursache für das Eingehen von frischen Wasserpflanzen sein. Das kann mitunter nur eine leichte Übersäuerung in Bodengrundnähe sein, was dann zum Absterben vor allem von Bodendeckern oder den unteren Pflanzenteilen von Stängelpflanzen zur Folge hat. Etwas drastischer sind die Auswirkungen, wenn man sehr weiches Ausgangswasser verwendet. Da das Soil auch weiches Wasser noch einmal enthärtet und den pH-Wert reduziert, besteht hier die Möglichkeit eines Säuresturzes, vor allem wenn zusätzlich eine CO2-Anlage verwendet wird, die ebenfalls noch einmal Säure in Form von Kohlensäure einbringt.
Gesteigert werden kann der Effekt dann auch noch, wenn der Aquarianer in den ersten Wochen kaum Wasserwechsel durchführt. Gerade bei nährstoffreichen Soils werden große (mindestens 50 %-ige) Wasserwechsel in kurzen Zeitabständen (täglich oder 2-tägig) von den Herstellern empfohlen, dies hat seine Gründe. In Bezug auf die Parameter KH, GH und pH sorgen die Wasserwechsel für die nötige Stabilität und bringen wieder genügend Mineralien ein, um die Karbonathärte wieder zu erhöhen und den pH-Wert zu puffern. Insofern sind diese Pflegemaßnahmen von besonderer Wichtigkeit und sollten ernst genommen werden. Teilweise lässt sich das Aquarienwasser auch durch die Zugabe von Aufhärtesalz wieder leicht aufhärten, um damit den Effekt einer Übersäuerung zu umgehen.
Bei solchen drastischen Kombinationen von Soil, weichem Wasser, CO2-Einleitung und wenigen Wasserwechseln hat die Übersäuerung sehr oft sogar Auswirkungen auf andere Pflanzensorten und ist nicht nur begrenzt auf Aquarienpflanzen, die mit dem Bodensubstrat in Kontakt sind. Hiervon können auch Aufsitzerpflanzen und Moose betroffen sein. Vor allem die empfindlichen Bucephalandra sind dann betroffen und reagieren oft mit drastischem Blattverlust und matschig werdenden Pflanzenteilen.
Es sei zusätzlich erwähnt, dass diese Effekte selbst dann eintreten, wenn sich im Aquarium aufhärtende Gesteinsarten befinden. Oft überwiegen in solchen Fällen dann doch die Effekte, welche eine Übersäuerung erzeugen.
Grundsätzlich empfiehlt es sich daher, vor allem in der Einfahrphase eine nicht nachweisbare Karbonathärte zu vermeiden. Durch Aufhärtung oder Wasserwechsel sollte die KH zumindest im Bereich 2 bis 4 gehalten werden, um Schäden durch zu viel Säure zu vermeiden.
Was tun bei eingehenden Wasserpflanzen?
Grundsätzlich ist zu sagen, dass ein deutlicher Blattabwurf oder gar das Braun werden ganzer Pflanzenteile nicht unbedingt bedeutet, dass diese Aquarienpflanzen vollkommen hinüber sind. Oft bleiben genügend gesunde Pflanzenteile übrig, die dann unter guten Bedingungen wieder gesund austreiben können. Um dies zu beurteilen, sollte man beobachten, ob der Wurzelstock der Pflanze (Rhizom) noch fest und intakt ist. Dies ist vor allem bei Aufsitzerpflanzen wie Farnen, Anubien oder Bucephalandra der Fall. Bei Stängelpflanzen sollte zumindest ein Teil des Stängels noch fest und gesund aussehen. Oft sterben Stängelpflanzen entweder nur unten oder nur oben ab, während der Rest der Pflanzen gesund weiterwächst. Hier kann man die unschönen Teile der Pflanze abschneiden und entfernen und die gesunden Triebe dann erneut einsetzen.
Manche Aquascaper sind sich diesem Umstand bewusst und kürzen Wasserpflanzen zum Einsetzen sogar mit Absicht radikal herunter. Hierbei werden an Stängelpflanzen alle emersen Blätter (bis auf ein paar wenige an der Spitze) händisch entfernt und quasi nur der nackte Stängel eingepflanzt. Besonders beliebt ist auch das drastische Kürzen von Cryptocorynen. Hierbei wird mit einem Schnitt alles an emersen Blättern abgeschnitten, mit einem weiteren Schnitt dann die langen Wurzeln gekürzt. Übrig bleibt hier nur der nackte Wurzelballen, welcher dann im Bodengrund eingesetzt wird.
Einige Aquascaper kürzen Cryptocorynen sehr extrem ein, in dem Wurzeln und Blattwerk abgeschnitten werden. Übrig bleibt nur der Wurzelstock (der mittlere Bereich innerhalb der roten Linien).
Somit wird zum einen das Einsetzen der Pflanzen erleichtert (da keine störenden langen Wurzeln vorhanden sind), zum anderen die Wasserbelastung und Pflegearbeiten reduziert, da die Pflanze im Aquarium dann nicht ihre emersen Blätter abstößt. Diese radikalen Trimmtechniken sind natürlich kein Muss und sehen auch anfangs optisch nicht schön aus. Wir wollen damit nur aufzeigen, dass selbst mit einer stark gekürzten Pflanze wieder ein schönes Wuchsbild erzeugt werden kann. Wichtig dafür ist natürlich, dass den Aquariumpflanzen ausreichend Licht und Nährstoffe zur Verfügung stehen.
Für gute Bedingungen für die Wasserpflanzen sorgen
Damit die Aquarienpflanzen die Einfahrphase gut überstehen und danach etwaige Verluste bedingt durch die Umstellung wieder wettmachen können, ist eine optimale Versorgung der Pflanzen mit allen wichtigen Nährstoffen das A und O. Dazu gehören ausreichend und passendes Licht zum Wuchsverhalten der Pflanzen, eine CO2-Versorgung, sowie das Einbringen von Mikro- und Makronährstoffen.
Mit Mikronährstoffen sind Elemente wie Eisen und andere Spurenelemente gemeint, die von den Pflanzen nur in geringen Mengen (in Spuren) benötigt werden. Makronährstoffe hingegen sollten in größeren Mengen vorhanden sein. Hierzu gehören Nährelemente wie etwa Stickstoff, Kalium und Phosphor.
Nährstoffreiche Soilböden unterstützen in der Einfahrphase den Pflanzenwuchs, da sie viele wichtige Nährelemente anbieten. Diese aktiven Substrate spielen in dieser Hinsicht dann ihre Vorteile gegenüber passiven Böden wie Sand oder Kies aus. Mittel- bis langfristig sollte der Nährstoffhaushalt jedoch über geeignete Flüssigdünger unterstützt werden. Dazu gehört eine Versorgung der Wasserpflanzen mit Eisen und anderen wichtigen Spurenelementen, welche in der Regel über einen Eisenvolldünger geschieht. Makro-Elemente lassen sich durch bestimmte Fertigmischungen wie etwa dem Estimative Index oder durch entsprechende Einzelkomponenten zuführen. Eine erfolgversprechende Düngerkombination für ein Pflanzenaquarium wäre der Mikro Basic Eisen mit dem Makro Basic NPK, welche zusätzlich durch den GH Boost N abgerundet wird. Dieser Dünger sorgt vor allem bei Aquarien mit längerer Standzeit für den Ausgleich im Stickstoffhaushalt und erhöht gezielt den Nitrat-Gehalt im Aquarium-Wasser.
Mehr zum Thema Ernährung von Wasserpflanzen findest du in unserer Artikelreihe "Düngung eines Pflanzenaquariums Teil 2" und "Teil 3".