Der Panzer von Garnelen ist in der Natur und auch im Aquarium ein Lebensraum, auf dem erstaunlich viele Mikroorganismen, Einzeller und Vielzeller ein Zuhause finden. Sie ernähren sich von Schwebeteilchen und Detritus aus dem Wasser, aufgewirbelten Futterresten, Algenbelägen, die ebenfalls auf der Garnele wachsen, von anderen Mikroorganismen und Pilzen und so weiter. Bei der Häutung werden die Organismen zusammen mit der alten Haut abgestreift und suchen sich dann direkt einen neuen Wirt. Es gibt nur wenige Arten, die parasitisch leben und die Garnele aktiv schädigen oder schwächen. Die meisten Tierchen auf der Garnele sind dagegen harmlose Epibionten und Kommensalen, die den Panzer lediglich als Aufsitzfläche nutzen und sich von der Garnele gemütlich in neue Regionen bringen lassen, und ihre etwas unsauberen Fressgewohnheiten nutzen, um kleinste Futterpartikel abzugreifen. In der Folge behandeln wir die häufigsten aufsitzenden Organismen.
Glockentierchen und Trompetentierchen
Vorticella auf Garnelen - Copyright by Chris Lukhaup
Glockentierchen (Vorticellidae) und Trompetentierchen (Stentoridae) sind zwar nicht sehr eng verwandt, aber sie ähneln sich vom Aufbau stark. Es handelt sich bei beidem um wimperntragende Einzeller (Ciliaten), je nach Art können sie auch Kolonien bilden. Sie kommen im Aquarium nicht nur auf Garnelenpanzern vor, sondern sitzen auch gerne zum Beispiel auf Schneckenhäusern, den Aquarienscheiben und sogar auf Pflanzen. Besonders während der Einfahrzeit des Aquariums können sich vermehrt Glockentierchen oder Trompetentierchen (oder beides) bilden, weil sie sich überwiegend von Bakterien im Freiwasser ernähren und es während der Einfahrphase vermehrt zu einer höheren Keimdichte im Wasser kommen kann. Vorticellidae und Stentoridae können sich sogar - wenn auch eher selten - auf der weichen Schleimhaut von Fischen und auch auf Würmern ansiedeln. Ein Befall mit diesen Einzellern sieht aus wie ein Schimmelbefall mit weißlichen, sehr kurzen Härchen, größere Kolonien wirken wolkenartig. In den Wolken erkennt man beim genauen Hinschauen weiße Pünktchen.
Glockentierchen und Trompetentierchen bestehen aus einem glocken- oder trompetenförmigen Körper mit Fressöffnung, der von Wimpern (Cilien) umringt ist, mit deren Hilfe Vorticellidae und Stentoridae Bakterien und andere Einzeller in ihren Schlund strudeln. Dieser Körper sitzt auf einem dünnen Stiel, der mit einer Haftscheibe auf dem Substrat festsitzt. Bei Fischen kann diese Haftscheibe die Schleimhaut schädigen, was zu Sekundärinfektionen durch Pilze oder Bakterien führen kann. Krebstieren, Schnecken und Pflanzen dagegen schadet sie nicht.
Die Einzeller können sich schwimmend fortbewegen. Dazu lösen sie ihre Haftscheibe vom Substrat und schlagen mit den Wimpern. Schnell sind sie allerdings nicht.
Besteht Handlungsbedarf, und was kann man gegen einen Befall unternehmen?
Jein. Auf Fischen sind Glockentierchen und Trompetentierchen sicherlich ein Problem, weil sie die Schleimhaut schädigen, was Sekundärinfektionen begünstigt. Einen starken Befall sollte man definitiv behandeln - dies erfolgt wie bei der Weißpünktchenkrankheit durch eine Kombination von Formaldehyd und Malachitgrün. Meist werden geschwächte Fische befallen, daher sollte man auch eine Verbesserung der Lebensbedingungen im Aquarium ins Auge fassen sowie darauf achten, die Keimdichte im Aquarienwasser zu senken.
Ebenso gilt, wenn Glockentierchen oder Trompetentierchen auf Garnelen und Krebsen, den Pflanzen oder Hardscape und den Scheiben aufsitzen: Sie sind ein Zeichen einer erhöhten Keimdichte im Wasser oder für einen vermehrten Bakterienbefall des Panzers, und dagegen sollte man etwas unternehmen - nicht gegen die Glockentierchen oder Trompetentierchen selbst, weil sie letzten Endes nur Symptome sind. Verschwindet die Ursache (der Keimbefall), verschwindet auch das Symptom. Dazu sollte man vorwiegend die Fütterung überprüfen und wirklich nur so viel geben, wie innerhalb von wenigen Stunden gefressen wird. Auch kann es helfen, den Bodengrund gründlich abzusaugen oder sogar durchzumulmen, Pflanzenreste zu entfernen und einen regelmäßigen Wasserwechsel durchzuführen. Ein UV-C-Klärer kann ebenfalls hilfreich bei der Reduzierung der Keimdichte im Aquarium sein. Treten während der Einfahrphase gehäuft Glockentierchen auf, ist dies recht normal. Sie werden wieder verschwinden, sobald sich die Aquarienbiologie eingependelt hat und die Keimdichte auf ein normales Maß zurückgeht. In einem noch unbesetzten Aquarium besteht daher kein Handlungsbedarf, hier kann man das Phänomen einfach aussitzen.
Parasitäre Garnelenalge, fälschlicherweise "systemische Mykose"
Mit der Garnelenalge befallene Garnele - Copyright by Chris Lukhaup
Diese Alge (Cladogonium ogishimae) enthält kein Chlorophyll und ernährt sich parasitisch von Körpersäften von Garnelen. Dabei ist sie ziemlich unspezifisch in der Wahl ihres Wirtes. Auch wenn man sie im Aquarienhobby häufig unter dem Hinterleib von (üblicherweise kürzlich importierten) Neocaridina-Garnelen sieht, kommt sie auch beispielsweise bei Bienengarnelen und Macrobrachium vor. Die einzigen Teile der Alge, die noch Chlorophyll enthalten, sind die Sporen, die man in fortgeschrittenem Zustand als hell gelbgrüne bis dunkelgrüne zottige Anhängsel unter dem Pleon der Garnele sieht. Auf den ersten Blick könnte man sie mit Eiern verwechseln, die Strukturen sind jedoch weniger gleichmäßig und deutlich feiner. Die parasitische Alge dringt mit ihrem Rhizoid in das Muskelgewebe der Garnele ein und nutzt die Körpersäfte des Tieres, um sich zu ernähren. Die Sporenkapseln fallen irgendwann ab, wenn sie reif sind, und liegen dann am Boden. Nimmt eine Garnele Sporen auf, ist der nächste Befall vorprogrammiert.
Die Alge wurde zunächst für einen Pilz gehalten, daher reden viele Quellen noch von einer sogenannten systemischen Mykose. Kurze Zeit später wurde der Organismus Ellobiopsidae ins Spiel gebracht, jedoch passte auch diese Beschreibung nicht zu 100%. Neuere Untersuchungen zeigten, dass der Organismus der bereits 1971 aus Japan beschriebenen Alge Cladogonium ogishimae entspricht. Es handelt sich hier also mitnichten um einen Pilz, was erklärt, warum Fungizide nicht wirken.
Besteht Handlungsbedarf, und was kann man gegen einen Befall unternehmen?
Die Parasitäre Garnelenalge ist ein Schwächeparasit, der akut wird, wenn das Immunsystem der Tiere insbesondere durch schlechte Wasserwerte, Import, falsche Haltung oder sonstigen Stress beeinträchtigt ist. Er ist nicht unmittelbar tödlich, auch wenn die parasitische Lebensweise der Alge das Tier natürlich stresst. Weibliche Garnelen setzen bei einem Befall keine Eier mehr an.
Versuche in den USA haben ergeben, dass das Verfüttern von mit Malachitgrün getränktem Futter die Alge bekämpfen kann - Malachitgrün im Wasser dagegen kommt nicht bis zu den inneren Strukturen, die vor Umwelteinflüssen geschützt unter dem Panzer liegen. Unglücklicherweise ist in der EU das Verfüttern von Malachitgrün in der Aquaristik untersagt, dies ist also keine empfehlenswerte Vorgehensweise. Der Futterhersteller Tima hat mit der Garnelenpaste Balance ein Futtermittel entwickelt, das eine Barriere zwischen Alge und Rhizom legen und so die Versorgung abschneiden kann. Dieses Futter ist zur Unterstützung definitiv gut geeignet.
Auch ist es wichtig und sinnvoll, den Bodengrund regelmäßig mit einem zur Aquariengröße passenden Mulmsauger abzusaugen, damit die abgeworfenen Sporen aus dem Aquarium entfernt werden können. Die gezielte Zugabe von Huminstoffen kann ebenfalls unterstützend wirken. Sehr stark befallene Tiere sollten separiert und in der Quarantäne behandelt werden. Bitte behandle dennoch immer auch das Aquarium mit den augenscheinlich nicht befallenen Tieren - die Garnelenalge im Gewebe ist im Anfangsstadium durchsichtig und wirklich sehr schwer zu entdecken. Wenn du die grünen Fusseln an den Schwimmbeinen siehst, ist der Befall schon sehr weit fortgeschritten. Grundsätzlich sollte das rudimentäre Immunsystem der Garnelen durch eine möglichst niedrig gehaltene Keimzahl im Wasser, ausreichend große und häufige Wasserwechsel und hochwertiges Futter unterstützt werden.
Saugwürmer oder Scutariella
Neocaridina mit Saugwurmbefall - Copyright by Chris Lukhaup
Manche Garnelen der Gattung Neocaridina zeigen im Aquarium bis 2 mm lange weiße Aufsitzer, meist am Rostrum, hin und wieder auch an zwischen den Beinen. Bei Varianten mit durchsichtigem Panzer wie schlecht gefärbten Red Fire oder Sakuras, Yellows, White Pearls, Blue Jellys und so weiter, kann man im Bereich Kiemenkammer (praktisch den "Backen" der Garnele) weiße Punkte erkennen, die innen am Panzer sitzen. Hier handelt es sich in der Regel um Scutariella oder Saugwürmer / Kiemenwürmer. Die meisten Arten der Gattung Scutariella sind harmlose Aufsitzer, die feinste Futterteilchen im Wasser fressen und sich die etwas unordentliche Fressweise von Garnelen zunutze machen. Einige wenige Arten leben parasitisch und saugen Blut an den Kiemen. Ein geringer Saugwurm-Befall schadet der Garnele nicht, kann aber ein Zeichen für Stress sein. Scutariella gehören zu den Plattwürmern, sind weißlich. Ihr Körper teilt sich am oberen Ende in zwei kurze Lappen, die man mit einer guten Lupe gut erkennen kann. Anders als Glockentierchen sind Saugwürmer intensiver gefärbt, hier erkennt man einen deutlichen weißen "Bart", nicht eine wolkenähnliche, eher fusslige Struktur.
Besteht Handlungsbedarf, und was kann man gegen einen Befall unternehmen?
Saugwürmer töten die Garnele nicht, von daher kann man als Garnelenhalter entspannt bleiben. Während viele Autoren auf das mittlerweile nicht mehr frei im Zoofachhandel erhältliche Tremazol mit dem Wirkstoff Praziquantel oder auf das rezeptpflichtige Wurmmittel Panacur verweisen, hat sich eine einfache Behandlung mit Kochsalz als ebenso wirksam oder sogar noch als wirksamer erwiesen, weil die Saugwürmer bei Garnelen mit erschreckender Geschwindigkeit Resistenzen gegen die Wurmmittel entwickelt haben und sich damit nicht mehr hundertprozentig zuverlässig entfernen lassen.
Eine Salzbehandlung gegen Saugwürmer kann man auf zweierlei Art ausführen: einmal im Aquarium (empfehlenswert, wenn mehrere Garnelen befallen sind) und einmal als Dip oder Salzbad (bei Einzeltieren mit Saugwurmbefall).
Für eine Salzbehandlung im Aquarium gibst du 3-5 g reines Natriumchlorid (also Kochsalz) in Lebensmittelqualität ohne Zusätze wie Rieselhilfen oder Fluor und Jod pro Liter Aquarienwasser in dein Becken. Achtung: Manche Aquarienfische vertragen Salz nicht gut. Den Pflanzen schadet diese Menge in der Regel nicht. Je härter dein Wasser ist, desto mehr solltest du dich an den oberen Wert annähern. In weichem Wasser brauchst du nur 3 g Salz. Eine Temperaturerhöhung auf ca. 25-28 °C ist zusätzlich hilfreich. Hier solltest du wegen der Sauerstoffversorgung zusätzlich das Aquarium belüften oder einen Oxydator einsetzen. Die Salzbehandlung kannst du über mehrere Wochen fortführen, bis keine Saugwürmer mehr auf deinen Garnelen zu sehen sind.
Solange du die Salzbehandlung im Aquarium durchführst, wechselst du ganz normal im Rhythmus Wasser und gibst der entnommenen Wassermenge entsprechend neues Salz zu, damit die Konzentration im Aquarium ungefähr erhalten bleibt. Wenn die Behandlung erfolgreich abgeschlossen wurde, machst du ganz normal deine Wasserwechsel im Rhythmus weiter und gibst einfach kein neues Salz zu. Nach und nach wird das Salz so aus dem Aquarienwasser ausgetragen.
Treten während der Salzbehandlung Probleme zum Beispiel durch verunreinigtes Salz oder Unverträglichkeiten bei deinen Aquarienbewohnern auf, wechselst du sofort mindestens 60-80% des Wassers und dosierst nicht mehr nach.
Wenn nur wenige Tiere einen sichtbaren Befall mit Saugwürmern haben oder salzempfindliche Mitbewohner im Aquarium leben, werden die Garnelen separat in einem Salzbad (Dip) behandelt. Hierzu gibst du Aquarienwasser in einen Extrabehälter und fügst pro Liter Wasser 2-3 Teelöffel reines Kochsalz zu. Die befallenen Garnelen werden hier für ca. 10-20 Minuten gebadet. Bitte beobachte sie während der ganzen Zeit und nimm sie gegebenenfalls sofort heraus, falls sie Probleme wie Umfallen, Taumeln oder unkontrolliertes Umherschießen zeigen. Die Saugwürmer lassen im Salzbad los, du siehst sie dann am Becherboden. Da das Salzbad die Eier der Würmer in der Kiemenkammer nicht zu beeinträchtigen scheint, musst du es nach einer Woche und gegebenenfalls nochmals, ebenfalls im Wochenabstand, wiederholen. Die Garnelen können nach dem Salzbad direkt wieder ins Aquarium entlassen werden.
Copyright der Fotos: Chris Lukhaup.